mit Ulrich Irnich & Markus Kuckertz
Shownotes
Folge 50 beschäftigt sich mit der Frage, wie zukünftige Mobilfunk-Technologien unser Internet verändern werden. Zu Gast ist Gerhard Fettweis, Professor am Vodafone Lehrstuhl für Mobile Kommunikationssysteme an der Technischen Universität Dresden. Gerhard Fettweis und sein Team leisten mit ihrer Forschung zu drahtlosen Kommunikationssystemen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der nächsten Mobilfunk-Generationen. Ihre Arbeit verbindet fundierte Grundlagenforschung mit einer engen Kooperation mit der Industrie, was wesentlich zum Erfolg ihrer Projekte beiträgt.
Uli, Markus und Gerhard diskutieren anhand der bisherigen Entwicklungsschritte die Besonderheiten von Innovationsprozessen im Mobilfunk und geben einen Ausblick, in welche Richtung zukünftige Innovationen gehen werden. Dabei wird deutlich, dass das Vordringen der Internettechnologie in immer weitere, teilweise sehr private Bereiche ein besonderes Maß an Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit erfordert. Als Beispiele werden das Internet der Dinge, also Sensorik- und Robotikanwendungen, aber auch AR- und VR-Brillen genannt – alles Anwendungen, die zunehmend auch im privaten Umfeld zum Einsatz kommen. Vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung des Internets vom heutigen „taktilen Internet” mit 5G zum zukünftigen „sensorischen Internet” ist dies eine besondere Herausforderung, der sich das von Gerhard mitbegründete und geleitete Barkhausen-Institut widmet.
Die Diskussion warf aber auch Fragen nach der Rolle Europas bei der Entwicklung von Schlüsseltechnologien auf. Gerhard plädiert für deutlich mehr Experimentierfreude statt interativer Verbesserung, um Innovationsfreude und -geschwindigkeit zu stärken.
Wer mehr wissen möchte, findet hier weitere Informationen:
- Vodafone Chair for Mobile Communications Systems an der TU Dresden: https://www.vodafone-chair.org/
- Barkhausen Institut: https://www.barkhauseninstitut.org
Euer Feedback zur Folge und Vorschläge für Themen und Gäst:innen sind sehr willkommen! Vernetzt euch und diskutiert mit:
- Gerhard Fettweis: https://www.linkedin.com/in/gerhard-fettweis-a405343/
- Ulrich Irnich: https://www.linkedin.com/in/ulrichirnich/
- Markus Kuckertz: https://www.linkedin.com/in/markuskuckertz/
Mitwirkende – Hosts: Ulrich Irnich & Markus Kuckertz // Produktion: Daniel Sprügel, Maniac Studios (https://maniacstudios.com/) // Redaktion: Marcus Pawlik © Digital Pacemaker Podcast 2024
Zusammenfassung
In der 50. Episode unseres Digital Pacemaker Podcasts beschäftigen wir uns mit der Zukunft der Mobilfunktechnologien und deren Auswirkungen auf das Internet. Zu Gast ist Gerhard Fettweis, Professor am Vodafone-Lehrstuhl für mobile Kommunikationssysteme an der Technischen Universität Dresden, dessen Expertise essentielle Einblicke in die Entwicklungen der nächsten Mobilfunkgeneration bietet. In unserem Gespräch beleuchten wir, wie die Techniken von 6G und darüber hinaus unser digitales Leben verändern könnten und welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind.
Wir beginnen mit einem Rückblick auf die Fortschritte in der Mobilfunktechnologie und diskutieren die Bedeutung von 5G. Gerhard hebt hervor, dass es bei dieser Generation nicht nur um höhere Kapazitäten geht, sondern auch um innovative Anwendungsfelder wie das taktile Internet, das es ermöglicht, Geräte fernzusteuern. Zudem reflektieren wir die Herausforderungen, die mit 6G einhergehen, insbesondere die Notwendigkeit, eine vertrauenswürdige Infrastruktur zu schaffen. Gerhard erklärt, dass es entscheidend ist, die Integrität dieser Technologien zu gewährleisten, um ein sicheres Zustandekommen von Interaktionen im Internet der Dinge zu erlauben.
Ein zentraler Punkt in unserer Diskussion ist die Vertrauenswürdigkeit von Technologien und deren Einfluss auf die Gesellschaft. Gerhard erläutert, dass für die Akzeptanz neuer Technologien, insbesondere im Bereich sensibler Gadgets, Sicherheit und Privatsphäre von herausragender Bedeutung sind. Damit diese Technologien weitreichend akzeptiert werden, müssen sie nicht nur effizient, sondern auch transparent und sicher gestaltet werden. Diese Herausforderung wird besonders durch die Integration von Künstlicher Intelligenz und Sensorik kompliziert, da diese Technologien ein starkes Potenzial, aber auch inhärente Risiken mit sich bringen.
Wir thematisieren auch die notwendige Aufklärung der Bevölkerung über die Technologie hinter diesen Innovationen. Gerhard beschreibt die Bedeutung interdisziplinärer Ansätze und wie wichtig es ist, Menschen aus verschiedenen Fachrichtungen – einschließlich Soziologen und Psychologen – in Innovationsprozesse einzubeziehen. Dies fördert nicht nur das Verständnis für Technologie, sondern ermöglicht auch die Entwicklung von Lösungen, die den Bedürfnissen der Gesellschaft gerecht werden.
Ein weiterer Aspekt unserer Konversation befasst sich mit dem kulturellen Umfeld in Deutschland, das oftmals Innovationen hemmt. Gerhard legt nahe, dass wir eine Mentalitätsänderung hin zu mehr Risiko- und Experimentierfreude brauchen, um mit der schnelllebigen Entwicklung von Technologien Schritt zu halten. Die Bedeutung von Hardware in der Mobilfunktechnologie wird ebenfalls besprochen, wobei Gerhard betont, dass die Innovationszyklen im Mobilfunk durch die physische Herstellung von Bauteilen gekennzeichnet sind und daher langsamer ablaufen als in der Softwareentwicklung.
Abschließend blicken wir auf die Visionen und Utopien für das mobile Internet der Zukunft. Gerhard zeichnet das Bild eines radikal vernetzten Lebensraums, unterstützt durch intelligente und vertrauenswürdige Sensorik, die es ermöglicht, das alltägliche Leben zu einem harmonischen Erlebnis zu gestalten, ohne die Privatsphäre zu gefährden. Diese sogenannte “Assistenztechnologie” muss nicht-invasiv sein und sollte darauf abzielen, den Menschen zu unterstützen und zu schützen.
Dieses aufschlussreiche Gespräch mit Gerhard Fettweis bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Technologien von morgen, sondern regt auch zur Diskussion über die ethischen und sozialen Fragestellungen an, die mit der Entwicklung neuer Mobilfunkgenerationen einhergehen.
Transkript
Speaker1:[0:00] Wir haben sicherlich Defizite bei der KI und bei der Rechentechnik. Da müssen wir jetzt Gas geben, um das dann dementsprechend damit reinzustreuseln. Aber wir müssen ja nicht in allem die Besten der Welt sein. Wenn wir in vielen Bereichen einfach mit Schlüsselfunktionen darstellen können, dann ist es ein Geben und Nebenwahl. Kein Land der Welt kann alles bestens.
Music:[0:22] Music
Speaker1:[0:36] Herzlich willkommen zur 50. Folge unseres Digital Pacemaker Podcasts mit Uli Irnig und mit mir, Markus Kuckertz. Heute sprechen wir darüber, wie zukünftige Mobilfunktechnologien unser Internet verändert werden. Zu Gast ist Gerhard Fettweiß, Professor am Vodafone-Lehrstuhl für mobile Kommunikationssysteme an der Technischen Universität Dresden. Gerhard, schön, dass du heute bei uns bist. Einen schönen guten Tag, freut mich auch. Gerhard und sein Team leisten mit ihrer Forschung an zukunftsweisenden, drahtlosen Kommunikationssystemen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der nächsten Mobilfunkgeneration. Ihre Arbeit verbindet fundierte Grundlagenforschung mit enger Kooperation mit der Industrie, was wesentlich zum Erfolg ihrer Projekte beiträgt. Uli, und ich möchte dich natürlich heute zu unserer 50. Folge auch herzlich wieder begrüßen. Alle zwei Wochen waren wir hier die letzten beiden Jahre auf Sendung mit ganz, ganz unterschiedlichen Gästen zu ganz unterschiedlichen Themen. Und nehmen wir einmal an, es würde von 2024 bis 2026 nochmal 50 Folgen geben. Was wären denn aus deiner Sicht so im Vorausblick auf die nächsten zwei Jahre besondere Themen, die dich interessieren würden, die du im Fokus hättest?
Speaker0:[1:47] Boah, Markus, ich glaube, zum einen ist natürlich diese Welt verdammt schnelllebig und das passiert viel Innovation. Und vor allen Dingen klasse, dass wir heute Gerd dabei haben, der mit Sicherheit uns gleich einen Einblick auf 6G und die Dinge, die danach kommen, geben wird. Und das macht schon ein bisschen kribbeln. Also die nächsten zwei Jahre und die nächsten 50 Folgen, da wird viel Richtung Web 3.0 passieren, da bin ich mir sehr, sehr sicher.
Speaker0:[2:14] Das erleben wir ja heute so ein Stück weit, nachdem ja der große Hype auch Richtung Metaverse, XR, VR und so weiter so ein bisschen abgeebbt ist und das so langsam so vor sich hinschläft, ist das genau der Moment, wo so ein Durchbruch kommt und dann plötzlich alle aufwachen und sagen, wie konnte das denn passieren? Und ich meine gerade, was wir im Moment auch in den Netzen sehen, mit 5G haben wir jetzt schon eine Latenzzeit, die gewisse Use Cases oder gewisse Anwendungen erstmal erlebbar machen. Da bin ich mir ganz sicher, jetzt in den nächsten Jahren passiert da mehr und es wird mehr Leistung auf die Netze kommen. Ja, also das heißt sowohl Rechenleistung als auch, dass du auf deinen kleinen Geräten, die du so vor dir hast, viel mehr Dinge machen kannst. Ich möchte nur so viel sagen, wenn man jetzt ein Stück weit Richtung 6G denkt, also gerade auch was Richtung Quantum Computing und Co. Noch alles passiert, da wird mit Sicherheit in den nächsten 50 Folgen auch noch einiges drüber zu erzählen sein. Aber jetzt widme ich dem vollen Aufmerksamkeitsdrang unserem Gast. Herzlich willkommen, Gerhard Fettweis. Gerhard ist seit 1994 die Vodafone Stiftungsprofessur für mobile Nachrichtensysteme an der TU Dresden inne.
Speaker0:[3:32] Darüber hinaus ist er seit 2018 wissenschaftlicher Gründungsdirektor und CEO des Barkhausen-Instituts, einer gemeinnützigen GmbH mit Anbindung an die TU Dresden, die an neuen Technologien zur Steigerung der Vertrauenswürdigkeit im Internet der Dinge forscht. Gerhard ist Mitglied der Leopoldina, langjähriges IEE-Fellow-Mitglied von ACATEC, Ehrendoktor an der TU Tampere in Finnland und erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen und Preise für seine Forschungsarbeit. Darüber hinaus, und das möchte ich hier an der Stelle erwähnen, ist Gerhard jetzt als erster Elektroingenieur an der US National Academy for Engineering jetzt berufen worden und tätig. Also daher meinen herzlichen Glückwunsch, lieber Gerhard, für diese Auszeichnung.
Speaker1:[4:24] Danke, danke. Der Erste aus Deutschland, aber nicht der Erste insgesamt. Aber ist alles gut.
Speaker0:[4:29] Aber das ist trotzdem eine wirkliche Auszeichnung. Gerhard hat an der RWTH in Aachen Elektrotechnik promoviert. Und wenn ich jetzt mal so auf dein Leben so ein Stück weit gucke, dann hast du ja vieles in Technologie und im Elektroengineering erlebt. Was war für dich denn so in den letzten zwei Jahren so das Highlight, was dir in deiner persönlichen Karriere passiert ist, wo du gesagt hast, ich habe mit vielem gerechnet, aber das hat mich überrascht?
Speaker1:[4:54] Überrascht am meisten, wie sehr die Leute über die KI überrascht waren. Weil die KI ist ja, also der Begriff KI ist eine Erfindung von 1950 plus um den Dreh. Und es gab ja schon mehrere Hype-Cycle in der KI. Dass das jetzt so groß einen Impact hatte, zeigt nur, dass viele Menschen kein Verständnis dafür hatten, was in der Technik eigentlich passiert und was kommt. Und auch ein Thema, was wir jetzt hier im Mobilfunk betrachten wollen, was kommt im Mobilfunk. Denn die Technik ist zwar nicht vorhersehbar, aber wir können schon einiges voraussagen. Denn wir hängen zum Schluss von der Mikroelektronik ab und die Strukturbreiten, die kleiner werden, die Transistoren, die mehr werden, die Rechenleistung, die damit höher wird. Und dann wissen wir einfach, okay, ich brauche mindestens so viel Rechenleistung, um irgendwas hinzubekommen. Schon wie wir gewisse Rechenleistungen im Analogrechner brauchen, um zum Mond zu fliegen, brauchen wir natürlich auch gewisse Rechenleistungen, um gewisse, zum Beispiel KI-Algorithmen zu implementieren. Und das war jetzt einfach nur mal Gang der Dinge, dass irgendwann mal die Chips leistungsfähig genug waren, um das zu realisieren, was wir die ganze Zeit schon dachten, was mal passieren wird. Aber das ist für mich das Spannendste daran.
Speaker0:[6:14] Danke für das Insight. Wenn ich jetzt nochmal so ein Stück weit auf deine berufliche Karriere schaue, und du hast ja viele Themen um dich herum und bist ja bestimmt auch nicht unterbeschäftigt. Aber wenn ich auf dieses Barkhausen-Institut schaue und vor allen Dingen die Vertrauenswürdigkeit im Internet der Dinge forscht, wie bist du darauf gekommen? Also was hat dich dazu motiviert? Was hat dich dazu angetrieben?
Speaker1:[6:40] Da kam ich wirklich aus dem Mobilfunk. Denn im Mobilfunk hatten wir bisher fünf Generationen. Wenn wir dann sehen, dass die dritte und vierte Generation war eigentlich fürs mobile Internet und jetzt haben wir 5G. Und was ist die fünfte Generation eigentlich? Die meisten kennen es nur als etwas, was kapazitätserhöht, aber es ist eigentlich auch etwas anderes. Es geht nämlich auch um, was wir das taktile Internet nennen, nämlich um herzugehen und zu sagen, ich kann jetzt Geräte fernsteuern. Also was 5G vorher auf dem Handy war, war nur eigentlich die Luftschnittstellen Teil dessen, aber nicht wirklich die Infrastruktur dahinter, dass diese Millisekunde mit ihren Garantien auch durchgehalten werden kann. Das heißt, 5G mit dieser Vision oder diesen Anwendungsfeldern können wir eigentlich erst jetzt so langsam in verschiedenen Händen sehen. Wir sehen es auch. Wir sehen es in Fertigungshallen, wir sehen es in Chemiefabriken, wir sehen es auf dem Acker, wir sehen es in der Bauindustrie, wir sehen es im Krankenhaus, wir sehen es in Drohnenansteuerung, wir sehen es in Fahrzeugansteuerung in vielen verschiedenen Bereichen. Aber das sind alles wieder Business-Kunden. Also genauso wie 1G, 3G
Speaker1:[7:57] Telefonie und mobiles Internet für Business-Kunden ist 5G tatsächlich jetzt für Business-Kunden. Und es ist nicht günstig genug und nicht energieeffizient genug für Privatkunden. Und das jetzt hinzubekommen, das ist natürlich die große Vision für 6G. Was können wir jetzt hinbekommen? Wir können hinbekommen, dass da tatsächlich das Ganze kommt. Wenn wir das aber haben, dann heißt es natürlich, wir müssen unbedingt das Netz jetzt vertrauenswürdig bauen. Und so komme ich zu deiner Ausgangsfrage zurück. Wie kam ich auf die Idee des Barkhausen-Instituts? Ganz genau deshalb, weil kurz nachdem ich merkte, das ist eine coole Idee und ich bin damit 2012 zum ersten Mal Public gegangen und die fing sofort Feuer,
Speaker1:[8:41] Habe ich gedacht, oh Backe, was ist, wenn sich dann Leute reinhacken, dann sind es nicht nur Bits und Bytes, die verloren gehen, da werden Häuser zerkrazt, Fahrzeuge zerbeult, was weiß ich was. Also es geht um physische Güter, die da irgendwie angegangen werden. Und wenn es um deine eigene Haut geht oder deine eigenen Klamotten, dann wirst du irgendwie ein bisschen nervöser als um die eigenen Bits und Bytes normalerweise. Und das ist eben das Thema, wo wir Menschen natürlich zu Recht sehr sensitiv und sensibel sind. Da habe ich gesagt, da müssen wir jetzt natürlich es hinbekommen, absolutes Vertrauen in das Internet hinzubekommen, so wie wir Menschen mit interagieren. Also stell dir vor, Uli, ich gehe zum Impfarzt und der Impfarzt ist nicht der Impfarzt, sondern ist das Impfarzt, weil es ist ein Robby. Und dieser Robby kommt mir gegenüber und piekst mir in den Arm und ich bin völlig klar, ich gehe damit vertrauenswürdig um. Dieses Vertrauen muss ich aufbauen können, sonst ist diese ganze Vision, die wir mit 5G und 6G, dem taktilen Internet, also das hat wirklich…
Speaker1:[9:51] Taktil-visuelle Reaktionszeiten hinbekommen, deshalb taktiles Internet, um solche Robotikanwendungen oder XR und VR hinzubekommen und uns dabei nicht wehtun. Das heißt, dass wir diese Vertrauenswürdigkeit hinbekommen müssen, dass Geräte mindestens so vertrauenswürdig sind, wenn nicht noch mehr, wie der vertrauensvollste Person, mit der wir interagieren. Und dieser natürliche Umgang heißt natürlich jetzt für uns eine ganz andere Fragestellung von der Technik. Wir müssen uns einerseits mit Soziologen, Politikwissenschaftlern, mit Psychologinnen und Psychologen und verschiedenen Personen zusammensetzen, verstehen, was bedeutet eigentlich Vertrauenswürdigkeit und wie können wir dann dementsprechend das Ganze auch realisieren und implementieren in der Technik. Das ist eine Riesenherausforderung, der wir uns stellen mit dem Barkhausen-Institut. Und diese Herausforderung habe ich einfach mal geehrt, bin ich mit rausgegangen und das fand sofort Riesenanklang hier im Freistaat Sachsen. Und dadurch ist dieses Forschungsinstitut entstanden.
Speaker0:[10:56] Sehr inspirierend, muss ich ganz ehrlich sagen. Erinnert mich ein bisschen, weil gerade auch die Dimension, also ein Stück weit aufgemacht hast, in Richtung, was der eine oder andere wahrscheinlich schon mal bei autonomen Fahren ausprobiert. Hat, Moral Machine, also wie entscheidet der Algorithmus, der ja tendenziell, wenig mit Ethik zu tun hat, sondern rein logisch entscheidet. Und wie schaffe ich so eine Dimension damit reinzubringen? Also finde ich super spannend. Können wir wahrscheinlich nochmal eine neue Folge mit aufnehmen. Aber ich würde jetzt mal so ein Stück weit zu Markus wieder überleiten, um mal auf die eigentliche Thematik so ein bisschen wieder zu kommen, nämlich unsere Netze und deine Thesen dahinter.
Speaker1:[11:35] Ja, sehr spannend, genau. Und ich fand es auch sehr inspirierend, das nochmal so nachvollziehen zu können. Und wir haben jetzt den Blick zurückgeworfen. Wir haben uns natürlich aber auch mit dir beschäftigt. Und ich würde die Thesen mal wie folgt in unseren Worten zusammenfassen. Du sagst zum einen, Innovationsprozesse im Mobilfunk unterscheiden sich grundlegend von zum Beispiel Softwareentwicklungen. Dann sagst du, die nächste Generation des Mobilfunks wird das Internet mit sensorischen Fähigkeiten ausstatten. Zu guter Letzt sagst du, dieses sensorische Internet wirkt ethischer Herausforderungen, die noch gelöst werden müssen. Wir haben eben schon mal ein paar von diesen Punkten auch berührt und du hast auch gerade eben schon mal dargestellt, wie denn so die Entwicklung des Mobilfunks zuletzt voranschreitet. Ja, und du hast auch gesagt, 6G steht an. Vielleicht machst du dir auch schon so Gedanken, was vielleicht so 7G etc. So machen kann. Ihr seid natürlich mittendrin in der Entwicklung der nächsten Mobilfunk-Generation. Wie läuft denn dieser Innovationsprozess eigentlich ab? Wie müssen wir uns das vorstellen? Die Hardware-Entwicklung braucht einfach den langen Atmen. Du bastest dann rum, bis das Ding produziert ist, zum Beispiel ein Chip, bis er designt ist und dann braucht er noch drei Monate Fertigung und bis der dann aus der Fertigung zurückkommt und du dann den versuchst zum Laufen zu bringen, sind es nochmal drei Monate und so weiter. Das heißt, die Innovationsprozesse müssen langsamer sein.
Speaker1:[12:54] Allerdings haben wir auch die Möglichkeit, in der Hardware nach vorne zu gucken und sagen, Mensch, 2030 werde ich solche Chips bauen können, die solche Fähigkeiten haben und das ist heute unmöglich, aber 2030 wird es möglich sein. Als Hardware-Mensch siehst du das. Und der Mobilfunk hängt nun mal sehr stark an Hardware. Das ist Infrastruktur. Und das ist nur die Halbleiterei, die da drin steckt, natürlich als wesentlicher Enabler, sondern man muss gräben, graben, Kabel ziehen, Türme bauen, Antennen irgendwo hinsetzen, Baugenehmigung bekommen, irgendwie diesen mobilen Hub-Drehkran bieten, der dann die Antennen hochfährt. Und der ganze Kram, der drum ist, Das ist nichts, was du, ich sag mal, in drei Monaten eine tolle Software zusammenbastelst, einfach mal ausprobierst. Das geht nicht.
Speaker1:[13:45] Und das ist der Riesen-Asset von den mobilen Netzbetreibern. Das ist gigantisch, das ist total klasse. Das heißt, die Innovationsspeed ist scheinbar kleiner, stimmt aber nicht. Es ist einfach nur anders gelagert. Und wenn ich mir heute was Neues ausdenke im Mobilfunk, hier in der Forschung, weiß ich, bis das in den Markt kommt, sind üblicherweise mindestens zehn Jahre. Diese Geduld muss ich haben. Und damit sind die Innovationszyklen ganz anders. Also eine Idee von heute muss ich ja zur Standardisierung bringen, dann müssen die Chips designt werden, dann die Geräte mit den Chips designt werden, dann muss es installiert werden im Netz und so weiter und so fort. Und damit haben wir ganz andere Innovationszyklen. Weil dann jetzt sagen, als zweites hattest du gesagt, wir brauchen ganz neue Fähigkeiten, wenn wir nach vorne gehen mit 5G, sehen wir schon, in der Standardisierung wird als Vorläufer das schon mit aufgenommen, mit 6G bauen wir es, nämlich Sensorik, dann ist das aus folgendem Grund. Wenn ich eine AR-VR-Brille aufziehe, muss das nicht mit irgendwas Sachen in der Hand sein, sondern es muss sein, dass meine Finger alleine ausreichen. Das habe ich schon immer postuliert und wenn wir jetzt die neue Apple-Kiste anschauen, sie macht genau das. Das heißt, es ist kein Gerät in der Hand, was ich halte, sondern es ist einfach nur meine Finger, die ich bewege und schon kann ich damit alles an Kommandos, die ich sonst mit Klick und Touch machen müsste, machen.
Speaker1:[15:13] Das heißt, ich brauche Radar, Funk, irgendwie sonst was Sensorik. Und diese Funksensorik darf nicht diese klobigen Radargeräte sein, sondern die muss viel feingliediger sein. Und wenn wir jetzt drüber nachdenken, Mensch, ich brauche eigentlich das als Funkanbindung. Das heißt, ich muss andauernd irgendwie was aussenden. Wenn ich aber auf meine eigenen ausgesendeten Signalechos höre, die irgendwie abbouncen bei meinem nächsten Gerät, dann kann ich das auch zum Radar nutzen, also zur Sensorik. Wenn ich jetzt aber diese Funksensorik habe, schon bei meiner Gorgel, die ich aufziehe, meiner ARXR-VR-Gorgel, die ich aufziehe, heißt es, dass die Funksensorik natürlich auch gleichzeitig die größte Attacke auf mich als Privatmensch hat, ist seit vielleicht Menschengedenken von der Technik her. Weil ich kann plötzlich ausschnüffeln, ich ziehe so eine Brille an und die kann natürlich ausschnüffeln, wie sieht der Raum aus? Dann ziehst du die zu Hause an, dann finde ich raus, Mensch, deine Küche ist so ganz schön messy. Das heißt, ich muss plötzlich, und hier kommen wir wieder zur Vertrauenswürdigkeit, hier muss ich also ein Level an Privatheit einbauen können, dass ich das wirklich vertrauenswürdig nutzen kann. Sonst ist das the biggest spy on planet Earth, also der größte Spion. Und das wollen wir ja nicht haben.
Speaker1:[16:32] Denn wir gehen ja auch mit Menschen um, wie ich sagte, und vertrauen Menschen und geben denen auch zum Teil private Geheimnisse ein bisschen preis und werden mal miteinander schnacken und sonst was. Aber nicht unter der Annahme, diese Person wird das sofort überall rausplappern. Das finden wir ziemlich schnell raus. Wenn wir das rausgefunden haben, ist die Person nicht mehr vertrauenswürdig. Das heißt, genauso darf mein Handy nicht alles rausplappern oder meine Goggles, meine Brille, die ich anziehe und so weiter und so fort. Und deshalb ist natürlich zum einen brauchen wir diese sensorische Fähigkeit brutal für gerade diese tollen neuen Anwendungen und andererseits ist das übrigens auch eine Riesenherausforderung, wie bekommen wir da so eine chinesische Mauer reingebaut, sag ich mal so ein bisschen, die wirklich mir meine Privatheit garantiert, so wie ich das eigentlich haben möchte.
Speaker0:[17:24] Und das ist ja schon ein Stück weit, Gerhard, super relevant. Und ich meine, bei allen Sprachassistenten, die es im Moment gibt und Co., ist das ja schon real. Ist ja nicht irgendwie, dass das erst eine Zukunftsvision ist, sondern das ist ja schon real. Die Frage, die ich mir halt immer stelle, du hattest am Anfang auch so ein bisschen die These aufgebaut zur KI und dass Menschen Technologie, naja, sagen wir mal, immer schwerer begreifen. Wie schaffe ich eigentlich eine Aufklärung innerhalb der Menschheit? Dass ich halt auch die richtigen, ich sage mal, Knöpfe drücke, die halt auch die Sicherheit für mich in meinem Erfinden logischerweise realisieren. Und wenn ich so mal so ein bisschen jetzt aus meinem Techniker spreche, ist halt, dass wir diese Sprache der Sicherheit lernen müssen. Aber ich glaube, es braucht halt auch ein technisches Grundverständnis in der Gesellschaft schlechthin, die halt auch ermöglicht, Zusammenhänge zu verstehen. Ich glaube, das ist ein aufeinander zugehen. Und der zweite Reflex ist, du sprichst von verschiedenen Disziplinen, die Innovation nach vorne treiben. Und das sehen wir auch in unseren ganzen Ökosystemen, dass diese eine Domäne, die wir beherrschen, sei es jetzt Mobilfunk oder sei es Ingenieurwissenschaft, nicht mehr ausreicht, um Innovationen der Zukunft zu gestalten.
Speaker1:[18:43] Ja, zum Ersten vielleicht ganz klar, dass wir genau das machen müssen. Wir müssen nicht nur das Geld schön nehmen von der Regierung und sagen, wir machen tolle Forschung und klopfen auf die Schulter, sondern direkt so ein Open Lab Konzept, wo wir mit der Bevölkerung in Kommunikation eintreten. Das nennen wir das COSMO hier, das Wissenschaftszentrum. Und da kommen Leute einfach von der Straße rein und erleben die Technik von der Zukunft oder technische Fähigkeiten von der Zukunft. Und für uns ist das wichtig, dass das nicht eine Einbahnkommunikation, sondern das ist ein Aufeinanderzugehen. Denn es geht nicht darum, der Bevölkerung zu erklären, wie toll neue Funktionalitäten oder sonst was der Zukunft ist.
Speaker1:[19:27] Sondern auch direkt die Fragen mit aufzuschreiben und zu reflektieren, die aus der Bevölkerung kommen und wirklich zuzuhören und reflektiv damit umzugehen und zu fragen, Mensch, was sind denn jetzt die engste Nöte, Frage oder Hoffnungen, die da geweckt worden sind, um dann dementsprechend auch mit unserer Forschung und unseren Fragestellungen in der Forschung darauf direkt eingehen zu können. Denn wie ich sagte, das Thema Vertrauenswürdigkeit ist etwas, was grundsätzlich in uns Menschen drin ist. Ohne das könnten wir gar nicht existieren als Menschen untereinander und zwar nicht erst seitdem es die Technik gibt. Damit jetzt umzugehen lernen und so heißt das wirklich auch mit der Bevölkerung, mit Personen völlig anderer Backgrounds umzugehen und damit das einhergehend dann zu adressieren. Du hast eben das Thema Vertrauenswürdigkeit angesprochen und spannend ist natürlich wirklich der Blick in die Zukunft. Also werden die beschriebenen Lösungen gründen wie Vertrauenswürdigkeit von 6G auch das heutige Internet mit seinen bekannten Problemen, wie zum Beispiel Fake News, lösen? Wie ist da deine Sicht?
Speaker1:[20:37] Also die Hoffnung ist auf jeden Fall, dass da einiges in die Richtung schon möglich sein wird. Aber wir gehen schon davon aus, dass die Installationsfirmen alle vertrauenswürdig sind, dass die Herstellerfirmen alle vertrauenswürdig sind, die Netzbetreiber alle vertrauenswürdig sind. Jetzt können wir sagen, die Firmen, denen wollen wir vertrauen, aber können wir wirklich jeder einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so vertrauen? Da gibt es doch immer wieder Leute, die noch eine zweite Absicht haben.
Speaker1:[21:07] Das heißt, wir müssen Systeme bauen und standardisieren, die wirklich diese Möglichkeit erlauben, mit null Toleranz gegenüber möglichen Attackern, egal wo sie herkommen, umzugehen, um das hinzubringen. Und zusätzlich müssen wir, das ist jetzt erstmal eine Sache, wo die Systeme anders konzeptionalisiert und standardisiert werden müssen. Und das Zweite ist, zusätzlich brauchst du die Funktionalität zum Beispiel eben dieser Isolationsmöglichkeiten, das nicht einfach, ich sage Accept All, wenn ich Google Maps installiere und Google sagt nicht mir, wo ich hingehen kann,
Speaker1:[21:47] Sondern weiß auch, wer ich bin, was völlig nach der DSGVO, der Datenschutz-Grundverordnung, eigentlich nicht erlaubt ist, aber wo wir da ein Thema haben. Also nach der Datenschutzgrundverordnung darf ich nicht die Position und Identität einer Person gleichzeitig wissen. Aber Google Maps weiß das. Warum? Weil die Politik so gedacht hat, dass die Bürger sind mündig und mündige Bürger wissen, wenn ich dem zustimme, dann ist es okay. Okay, wir mündigen Bürger lesen ja gar nicht die ganzen AGBs und wir wollen dieses Google Maps oder wie es auch immer heißt, Apple Maps und alle Waze und wie sie alle heißen, wollen wir nutzen. Das heißt, wir sind an der Funktionalität soweit interessiert, dass wir alle Overrides erlauben. Das heißt, wir müssen auch standardisieren und Systeme so bauen, dass eine Firma wie Google mit ihren Maps gar nicht die Möglichkeit bekommt, so ein Override überhaupt abzufragen. Wir müssen auch eine DSGVO-Grundverordnung komplett umbauen.
Speaker1:[22:51] Und das geht bis hin zu dem, dass wir uns auch drüber unterhalten müssen, was sind die Rechte, die eine Webcam haben darf. Ja, heute, wenn ich auf eine Webcam zugreifen kann, dann sehe ich alles. Egal, ob ich mich reingehackt habe oder legal darauf zugegriffen habe.
Speaker1:[23:12] Aber natürlich, wenn die Webcam mit genug KI ausgestattet wäre, mit genug Intelligenz, könnte sie natürlich mit mir erstmal in Kommunikation treten. Wer bist du? Was darfst du überhaupt sehen? Und würde mir nur das zulassen, in meinem Bild zuzusehen, was ich überhaupt sehen darf, und den Rest grisseln. Und gar nicht irgendwie zulassen, dass ich drauf zugreifen kann. Das ist jetzt ein Thema, das geht weit über 6G hinaus, sage ich mal ganz offen ehrlich. Ja, aber mit 6G werden wir zum ersten Mal, glaube ich, in einer Form damit konfrontiert, wenn nämlich so Consumer-Devices anfangen, erklaternd wichtig zu werden. Sagen wir mal, ich bin irgendwann mal 85 und habe keinen Rollator, sondern schnapp mir einfach ein Exoskelett, schnapp mir das um meine Beine und huppe rum wie ein junger Floh. Es muss eine Menge Kommunikation und Sensorik haben. Ich darf die Treppe nicht runterfallen. Ich darf nicht in die nächste Person reinrennen, weil ich bin ja ein Superman. Ich bringe die Person aus Versehen um, allein durch meine Superkräfte. Ich darf nicht durch die Glastür laufen und die zerscherbeln. Das heißt, es muss kommunizieren, es muss orten, es muss Sensorik haben, aber in einer Form, die vertrauenswürdig ist. Dass die Sensorik nicht gekapert wird von Dritten und so weiter und so fort. Und dass diese Sache dann so funktioniert, dass sich keiner reinhackt und mich wie so ein 16-Jähriger in einen neuen Tanz aufführen lässt, obwohl ich 85 bin und gerade eigentlich nur die Treppe runtergehen wollte.
Speaker1:[24:39] Und Forschungsfragen, die sich daraus ergeben, das ist enorm, das ist der Hammer. Da können wir noch weiter locker 30, 40 Jahre dran forschen und werden wir sicherlich, vielleicht nicht ich, aber als Community sicherlich sehen, dass da einiges passiert. Wir brauchen Fähigkeiten in der Sensorik. Wenn wir gucken, wer baut heute Sensorik-Chips. ST-Micro ist europäisch. Infineon ist europäisch. NXP ist europäisch. Bosch ist europäisch. Und jawohl, dann noch TI amerikanisch. Aber nur einer von den Top 5. Wenn wir also in all diese Bereiche gucken, hat Europa sowohl in den Anwendungsbereichen als in der Technik sehr weit zum guten Teil die Nase vorn. Wir haben sicherlich Defizite bei der KI und bei der Rechentechnik. Und da müssen wir jetzt Gas geben, um das dann dementsprechend damit reinzustreuseln. Aber wir müssen ja nicht in allem die Besten der Welt sein. Wenn wir in vielen Bereichen einfach mit Schlüsselfunktionen darstellen können, dann ist es ein Geben und Nebenwahl. Kein Land der Welt kann alles bestens.
Speaker0:[25:45] Total, Gerhard. Ich meine, das triggert ein bisschen was bei mir. Du zählst viele Schlüsselfunktionen auf, wo wir Leading sind. Und mir fallen auch viele Schlüsseltechnologien ein, wo wir mal Leading waren. Aber uns gelingt es immer wieder, dass wir uns die Wurst ein Stück vom Brot nehmen lassen und uns dann andere irgendwie überholen und wir dann sagen, aber wir hatten es doch zuerst. Ist das ein kulturelles Problem, in dem wir gefangen sind? Oder wie kommen wir aus diesem Schlamassel raus?
Speaker1:[26:14] Ich glaube, tatsächlich ist es zum Teil ein kulturelles Problem. Nehmen wir mal nur Deutschland. In Deutschland ist Ingenieur traditionell Maschinenbau. Und da ist der Innovationsspeed ein völlig anderer. Wenn wir anschauen, selbst im Maschinenbau, wo sieht jetzt das nach Innovation aus? Das ist Robotik. Das ist wiederum jede Menge neue Ansteuerungselektronik, das ist wieder Elektronik, das ist Software, das ist KI, das ist Automatisierungstechnik, was auch immer alles. Auf jeden Fall nicht mehr der klassische Maschinenbau, wo ich irgendwie das Zahnrad dimensioniere, den Motor dimensioniere oder sonst was alles. Nicht, dass das alles unwichtig ist, aber für die großen Innovationssprünge spielt das weniger eine Rolle.
Speaker1:[27:00] Das heißt, wir müssen wirklich aufwachen und sehen, dass wir da, glaube ich, auch mehr investieren. Wenn wir anschauen, welche Fraunhofer-Institute in letzter Zeit gewachsen sind wie Bolle, das war genau mehr in der IKT. Wenn wir schauen, welche Firmen heute in den Top 100 der Welt manchmal noch gelistet ist, ist SAP. Also rein von der deutschen Brille aus, müsste man eigentlich aufwachen und sagen, liebe Leute, werdet auch mal klar, da geht es ab wie Schnitzel und da braucht es noch einen ganz anderen Mut, Innovationsfreude und auch eine spielerische Art, manchmal Sachen kaputt gehen zu lassen. Wenn ich so eine schwere Maschine baue, ein Auto und das geht kaputt, das ist eine ganz andere Sache, als wenn ich irgendwie eine Platine baue, ein Stück Software baue oder sowas und probiere das mal aus und das geht mal schief.
Speaker1:[27:58] Das glaube ich schon, dass es ein Umdenken benötigt, irgendwie diese Freude auszuprobieren. Ich sage, wir brauchen so Innovation Kitchen, wo ich irgendwie als Schülerin und Schüler, als Studentin und Student, als Doktorandin, Doktorand lerne, Sachen zusammenzubasteln, zu frickeln, auszuprobieren, zu gucken und zu sehen, ob ich da nicht irgendwie was hinbekomme. Und mit diesem Geist kann vieles passieren. Und wir sehen ja auch, dass es deshalb nicht in Maschinenbauzentren, in den Startups, die in dieser Ecke aktiv sind, abgeht. Es ist nicht München, es ist nicht Stuttgart, es ist eher Berlin.
Speaker1:[28:41] Wenn wir in der Hardware-Seite gucken, also Chip-Hardware, alles was Hardware-orientiert ist, Halbleiterei-orientiert ist, da geht es mehr in Dresden ab. Das heißt, wir müssen tatsächlich aus diesem tradierten Denken ein bisschen herausbrechen. Glaube ich schon.
Speaker0:[28:55] Ich glaube, wir müssen ein Stück weit unsere alten Zäune einreißen. Ich sehe uns in unseren Geisteswissenschaften, Ingenieurwissenschaften immer noch ein bisschen als Kleingärtner. Also jeder hat so seinen Bereich, der macht so ein bisschen was, der ist auch gut und ausgeprägt. Aber das übergreifend zu betrachten und wenn wir mal die Fragestellungen, die alle noch unbeantwortet sind, du sprichst über Sicherheit, wir sprechen über Energiewende, wir sprechen über viele Themen für unsere Gesellschaft, die nicht gelöst sind, die es zu beantworten geht und hier kann Deutschland, aber auch Europa eine Vorreiterrolle spielen, wenn wir mal diese Zäune einreißen und das holistisch betrachten.
Speaker1:[29:34] Ja, und ich sage mal ganz ehrlich, die Spaltmaß-Mentalität ein bisschen weglassen, wenn ich das so nennen darf.
Speaker0:[29:43] Ja, sehr gut, das ist fantastisch.
Speaker1:[29:45] Meine Beobachtung ist, dass die deutsche Mentalität weniger von Innovation, wie vor dem Zweiten Weltkrieg, das Jahrhundert davor, sondern mehr durch einfach Spaltmaß-Verbesserung geprägt, immer inkrementelle Verbesserung, aber nicht das revolutionäre Neue. Wenn ich halt anschaue, dann kommt irgendwie so ein weißer Warehersteller aus Deutschland. Ich will jetzt gar keinen Namen nennen. Gibt es ein neues tolles Feature, dass die Dreckigkeit der Wäsche erkannt wird und die Wasserhärte und irgendwas alles automatisch dann einstellt. Da muss ich lachen. Das gab es vor 20 Jahren in Japan. Also das ist nicht eine Neuerung.
Speaker1:[30:23] Aber jetzt, wenn ich einen weißer Warehersteller aus Deutschland anschaue, dann sehe ich wenig Robotikabteilung. Die wirklich überlegen, wie sieht denn jetzt zum Beispiel die Küche der Zukunft, die Wäschekiste der Zukunft, das Haus aufräumen, der Staubsauger Robby. Da muss es einen amerikanischen Startup geben, der da loslegt. Und bis heute gibt es keine vernünftige Antwort aus Deutschland. Und Deutschland hat gut gelebt mit dieser Spaltmaßkiste und als Fast Follower. Weil im maschinenbaugeprägten, langsamen Innovation ist es völlig okay, irgendjemand anders kommt als erstes, keine Ahnung, mit irgendwas raus. Dann bin ich halt der Fast Follower. Ich bin fünf Jahre danach, nehmen wir mal, keine Ahnung, da gingen SUVs plötzlich ab bei Autos. Ja, irgendjemand kommt raus mit SUVs, ob das gut oder schlecht ist, weil die kann ich hier diskutieren. Und dann irgendwie fünf Jahre später kommt der erste deutsche Hersteller auch mit sowas raus und merkt, okay, das geht.
Speaker1:[31:28] Und da die Innovationszüge so langsam ist, die Leute sich so selten ein Auto kaufen, ist das völlig okay. Aber in dem, was wir vorhin diskutiert haben mit 6G und dem, was darüber hinausgeht, ist so viel Power drin, dass wir wirklich es nicht abwarten können. Ein Fast Follower ist der Loser. Der Speed, mit dem ChatGPT versucht, alle KI-Versuche von Amazon, Facebook, Meta, Google und sonst was an die Wand zu drücken. Dieses mini-futzel kleine ChatGPT im Vergleich zu den Giganten spielt so eine große Geige, einfach weil es schneller ist.
Speaker1:[32:05] Das heißt, Speed spielt bei diesen technologischen Entwicklungen viel mehr eine Rolle als einfach nur Fast Follower. Fast Follower ist bei so Spaltmaßkisten, spielt das eine Rolle, wo wirklich auch auf die, sagen wir mal, auf die Qualität und sonst was alles danach irgendwann das Design schön ist, wertgelegt wird. Bei Technologien kommt es erstmal wirklich drauf, auch der Erste im Markt zu sein. Und daher müssen wir da schon so ein bisschen diese Mentalitätskiste, die sich irgendwie dummerweise in Deutschland ab 45 eingebürgert hat, im Kopf drehen. Lasst uns doch ganz am Ende vielleicht nochmal so zum Abschluss als Wrap-up die Frage stellen nach der Vision Utopie, aber nochmal ein bisschen weiter gedacht. Gerhard, wenn du dir so vorstellst, das mobile Internet 2050, ich weiß nicht mal, wie viel G wir dann sind, wie sieht das aus deiner Sicht aus, wenn du die Entwicklung fortschreibst? Also nach meiner Sicht ist 6G ungefähr 2030, 7G 2040 und 8G wäre 2050.
Speaker1:[33:06] Und wie ich vorhin erwähnte, haben wir immer zwei Generationen gebraucht, um was Neues irgendwie in den Markt zu bringen. Das heißt, dann sind wir in der Breite, in dem nächsten großen Schritt, der danach kommt.
Speaker1:[33:20] Jetzt kann man sich natürlich vorstellen, um das taktile Internet hinzubekommen, braucht es ja jede Menge Funksensorik und so weiter. Also wirklich ein Internet der Sensorik, was einen wirklich assistiert, nicht nur für mobile Objekte, sondern generell. Wäre vielleicht eines der Möglichkeiten, die dann da wären, wo wir Low-Power-Sensorik sonst wie hätten, um uns zu assistieren. Wir würden ja gerne, ohne fies mit Kameras überwacht zu werden, würden wir gerne als älterer Mensch eine Stolperkontrolle haben. Wir würden gerne wissen, ob das Baby aus dem Bett gefallen ist. Wir würden gerne wissen, was hier und da und sonst was passiert. Also es muss, wie der Mediziner sagt, nicht invasiv sein. Also darf nicht irgendwie so sein, dass die Privatsphäre völlig zerstört, sondern soll wirklich einem helfen, irgendwie die Welt zu verbessern. Das soll früh erkennen, irgendwo ist eine chemische Cloud, die irgendwie in die Luft gesetzt worden ist und wir müssen den Alarm auslösen. Das heißt, eine Sensorik völlig anders, größer gedacht, die uns assistiert in dem Leben, die riechen, schmecken, hören,
Speaker1:[34:36] Sehen, alles Mögliche kann, aber der wir auch wirklich vertrauen können. Und zwar nicht nur für mobile Objekte, sondern wirklich generell. Das wäre cool, das wäre schon ein sehr hilfreiches Instrument, was dann auch wiederum so sein müsste, dass es nur einen Bruchteil der Energie benötigt. Die ein 5G heute braucht. Weil wir müssen irgendwie die Leistungsaufnahme, den Energieverbrauch natürlich kappen bei dem, wie es heute ist und eher nach unten treiben. Und das heißt, wenn wir solche neuen Funktionalitäten machen wollen, müssen wir es gleichzeitig hinbekommen, dass alles, was wir jetzt machen, auf ein Zehntel der Energie mindestens runtergeschraubt wird, um Platz zu schaffen für neue Funktionalitäten. Ich danke dir lieber Gerhard. Uli, dir danke ich auch. Und das war ein sehr spannender Austausch. An dieser Stelle wie immer die Frage, was ist das, was wir aus dem Gespräch mitnehmen? Was sind so die Gedanken, die unseren Austausch überleben? Uli, möchtest du den Anfang machen?
Speaker0:[35:32] Ja, sehr gerne. Ich nehme zwei Dinge mit, lieber Gerhard, und bin da sehr dankbar. Das Erste, wir müssen unsere Spaltmaß-Mentalität ablegen. Das ist fantastisch. Also das ist sowas von abgespeichert und auch so treffgenau, um ganz ehrlich zu sein. Das zweite Thema ist, du hast natürlich einen sehr breiten Scope aufgemacht, was die Vertrauenswürdigkeit angeht und auch die Ethik, die damit verbunden ist. Und das wird uns die kommenden Jahre und Jahrzehnte beschäftigen werden, da bin ich mir sehr sicher. Und das Dritte, was wir, glaube ich, nicht aus dem Augenmerk verlieren dürfen bei aller Technik und Technologie, die wir so zum Einsatz haben, alle neuen Technologien, die wir bisher so auf unser Portfolio dazugeschrieben haben, und da meine ich jetzt gerade vor allem KI und auch Digitalisierung, sind gerade ein bisschen kontraproduktiv, was unsere Energieeffizienz angeht. Und da gibt es noch ein großes Ding, was zu lösen ist, wo wir noch keine finale Antwort haben. Das ist für mich so die dritte Dimension, die ich nochmal mit aus dem Gespräch nehme.
Speaker1:[36:33] Ich hoffe, was hängen bleibt auch, ist die Begeisterung für Möglichkeiten der Zukunft. Ja, das heißt, die Technik ist für den Menschen da und wir müssen es verstehen als Ingenieure über die Technikgrenzen hinaus mit anderen Disziplinen in die Interaktion einzutreten, um dies noch viel mehr in den Mittelpunkt zu stellen. Sie ist für den Menschen da und sie muss natürlich auch sich irgendwie finanzieren, das heißt sie muss bezahlbar sein, irgendjemand muss dafür bezahlen wollen, das heißt sie muss Bedürfnisse des Menschen auch adressieren und sie muss im hehren Ziel irgendwann mal so sein wie ein biologisches Objekt. Wir als Mensch sind wie so ein Robby. Wir haben Motoren, wir haben einen Zentralkomputer, wir haben Sensorik, wir haben alles. Nur eins machen wir viel besser als jede Robotik. Man kann uns kompostieren. Das heißt, was für mich als so zentrale Idee als letztes übrig bleibt, ist zu sagen,
Speaker1:[37:38] Als Vision bei dem Ganzen, was immer bei mir rüberhängt, ist, können wir irgendwann eine Technik machen, die so recycelbar ist, wie wir Menschen es sind. Das wäre klasse. Bei alledem, was wir an Sachen machen und hängen bleibt, wie was ich angesprochen habe, mit den tollen Visionen, mit den Chancen für Europa, mit dem taktilen Internet, mit den Möglichkeiten von 6G,
Speaker1:[38:03] Müssen wir auch dieses Ziel im Auge behalten. Das wäre klasse. Auf dem Weg auch ein Schritt, Müh für Müh, immer weiterkommen. Gerhard, wir haben die Tradition, unseren Gästen zum Abschluss an dieser Stelle immer eine besondere Frage zu stellen. Diese Frage ist eher bezogen auf dich und deine Laufbahn und gar nicht so sehr unbedingt auf das Thema unserer heutigen Folge. Und bei dir ist die Frage, wie inspirierst du dich eigentlich regelmäßig bei all den Visionen, bei all der Kreativität, bei all den Punkten, die du verbindest in diesem großen Bild? Was machst du da? Ach, da muss ich sicherlich zum einen auch Vodafone danken, muss ich ganz ehrlich sagen. Weil ich interagiere eben in der Forschungs-Community, nun rede ich auch gerne mit vielen verschiedenen Leuten, gebe ich offen zu, sodass ich also dann auch viel in der Kommunikation, in der Community mitbekomme.
Speaker1:[38:56] Aber ich habe mir halt auch als Vodafone-Stiftungsprofessor reinschreiben lassen, vorgenommen, das war meine Idee, mindestens einmal pro Quartal einen ganzen Tag Kommunikation mit dem Stifter zu haben und zu kommunizieren und zu interagieren, im Schnitt mindestens einen Tag, sodass wir im regen Austausch Ideen aus der Forschung mit der Denke der Industrie direkt korrelieren. Und das passt ja manchmal völlig überhaupt ganz und gar nicht zusammen. Und das ist super inspirierend. Und das Dritte ist sicherlich, dass ich relativ früh angefangen habe, halt Startups zu gründen. Wir haben jetzt ja schon irgendwie 19 Startups, glaube ich, gegründet. Durch die, ich sage mal, die Fingers, die Hände selber dreckig machen und selber versuchen immer wieder was Neues auch umzusetzen mit neuen Leuten, mit neuen Absolventinnen und Absolventen irgendwie da Gas zu geben, bringt mir auch wieder wahnsinnig Inspiration, weil dann sieht man die wahren Probleme im täglichen, sagen wir mal, im Startup-Kontext. Und in diesem Dreieck inspiriere ich mich plus natürlich allem, was mit der Technik gar nichts zu tun hat, im außertechnischen Bereich. Gebe ich ganz offen zu.
Speaker1:[40:17] Gerhard, vielen, vielen Dank, dass du heute bei uns zu Gast warst. Das war echt inspirierend. Das war sicherlich viele auch noch mal so ein bisschen Insight im Sinne von, was ist denn eigentlich passiert so in den letzten Jahren? Auch mal, ich würde das fast schon sagen, so ein kleines bisschen Backstage mal reinzuschauen, wie ihr da so eure Forschung betreibt und ja, herzlichen Dank für deine Zeit. Tausend Dank. Das war der Digital Pacemaker Podcast zur Frage, wie zukünftige Mobilfunktechnologien unser Internet verändern werden. Zu Gast war Gerhard Fettweiß, Professor am Vodafone Lehrstuhl für mobile Kommunikationssysteme an der Technischen Universität Dresden. Weitere Informationen zur Folge findet ihr in den Shownotes. Und wenn ihr mit uns über die Themen diskutieren wollt, dann kommentiert unsere LinkedIn-Posts oder schickt uns eine Nachricht. Der Digital Pacemaker Podcast erscheint alle 14 Tage dienstags auf Spotify, Apple und überall dort, wo es Podcasts gibt. Klicke jetzt auf Folgen oder Abonnieren, um keine Folge zu verpassen. Viel Spaß und bis bald, euer Uli und Markus.
Speaker0:[41:12] Rock’n’Roll!
Music:[41:12] Music