mit Ulrich Irnich & Markus Kuckertz
Shownotes
Folge 37 beschäftigt sich mit dem Thema, wie Liberating Structures Workshops und Teams beflügelt. Zu Gast ist Birgit Nieschalk, Managementberaterin und Mitgründerin von Leicht- und Tiefsinn, einem Unternehmen, das Workshops und Trainings für Einzelpersonen und Teams durchführt.
Birgit und ihre Mitgründerin Anja Kässner beraten und trainieren Teams und Multiplikatoren für eine bessere Arbeitswelt. Darüber hinaus berät Birgit Führungskräfte, wie sie Innovation und Engagement in ihren Teams wecken und so den Unternehmenserfolg langfristig sichern können. Birgit ist außerdem Botschafterin für das Thema Liberating Structures: Sie hat das MeetUp zu diesem Thema in Köln initiiert und zahlreiche weitere MeetUps in NRW mit ins Leben gerufen. Zusammen mit Anja Kässner ist sie Mitveranstalterin des ersten Liberating Structures German Gathering, das noch im August in Köln stattfinden wird.
Uli, Markus und Birgit diskutieren über die Notwendigkeit neuer Strukturen für Meetings und Workshops, um wirklich produktiv und effektiv zu sein. Dabei macht Birgit deutlich, dass Liberating Structures den Rahmen für konstruktive Zusammenarbeit mit Inklusion und Partizipation schaffen können. Die Diskussion zeigt aber auch, dass Liberating Structures weit mehr sind als Moderationsmethoden – sie verändern Kulturen, bergen aber auch Risiken und Nebenwirkungen.
Wer mehr erfahren möchte, findet hier weitere Informationen:
- Leicht- und Tiefsinn Angebot und erstes Liberating Structures German Gathering: https://leichtundtiefsinn.de und https://leichtundtiefsinn.de/germangathering/lsgg23-registrierung
- Literaturhinweis „The Surprising Power of Liberating Structures: Simple Rules to Unleash A Culture of Innovation“ von Henri Lipmanowicz und Keith McCandless https://amzn.eu/d/8099cA9
- Liberating Structures Webseite https://liberatingstructures.de
- Liberating Structures iOS- und Android-App https://liberatingstructures.app
- Liberating Structures MeetUps https://www.meetup.com/de-DE/Koln-Liberating-Structures/
Euer Feedback zur Folge und Vorschläge für Themen und Gäst:innen sind sehr willkommen! Vernetzt euch und diskutiert mit:
- Birgit Nieschalk: https://www.linkedin.com/in/nieschalk/
- Ulrich Irnich: https://www.linkedin.com/in/ulrichirnich/
- Markus Kuckertz: https://www.linkedin.com/in/markuskuckertz/
Mitwirkende – Hosts: Ulrich Irnich & Markus Kuckertz // Produktion: Daniel Sprügel, Maniac Studios (https://maniacstudios.com/) // Redaktion: Marcus Pawlik © Digital Pacemaker Podcast 2023
Zusammenfassung
In dieser Episode des Digital Pacemaker Podcasts diskutieren wir mit Birgit Nischalk, Managementberaterin und Mitgründerin von Leicht und Tiefsinn, wie Liberating Structures Workshops und Teams beflügeln können. Birgit ist eine leidenschaftliche Befürworterin dieser Methoden und hat Initiativen ins Leben gerufen, um Menschen in der Zusammenarbeit zu unterstützen. Unter anderem hat sie ein Meetup zu Liberating Structures in Köln etabliert und spielt eine zentrale Rolle beim ersten Liberating Structures German Gathering in 2023.
Wir beleuchten, wie sich die Struktur von Meetings und Workshops verbessern lässt, indem alle Teilnehmer aktiv einbezogen werden. Birgit erklärt, dass viele Meetings ineffektiv bleiben, weil oft nur wenige Personen sprechen und keine klaren Ziele definiert sind. Sie plädiert für eine strukturierte Herangehensweise, bei der zum Beispiel alle Teilnehmer ihre Gedanken in kurzen Gesprächsrunden austauschen können. Diese Methoden fördern nicht nur die Kreativität, sondern helfen auch dabei, die Intelligenz der gesamten Gruppe zu nutzen.
Ein zentrales Thema des Gesprächs sind die Vorteile von Liberating Structures, die mehr sind als bloße Moderationsmethoden. Die Strukturrennen lassen Raum für Beteiligung und Inklusion und verändern die Unternehmenskultur nachhaltig. Durch die Anwendung werden Fähigkeiten wie aktives Zuhören und präzises Kommunizieren gefördert, was auf lange Sicht zu einem kultivierten Dialog und einer verbesserten Zusammenarbeit führt.
Birgit führt auch durch die Herausforderungen und Risiken, die mit der Umsetzung von Liberating Structures einhergehen. Ein wichtiges Risiko besteht darin, dass diese Methoden nur dann erfolgreich sind, wenn das Management wirklich bereit ist, die Meinungen der Mitarbeiter zu hören und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Andernfalls können solche Initiativen schnell ins Stocken geraten und die Motivation der Mitarbeiter untergraben.
Zusätzlich thematisieren wir, wie Liberating Structures in agile Arbeitsmethoden integriert werden können. Die beiden Konzepte respektieren ähnliche Werte, wie Inklusion und iterative Prozesse, und ergänzen sich sinnvoll. Birgit gibt uns Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen und Momente, die ihr die transformative Kraft dieser Methoden verdeutlicht haben.
Abschließend ermutigt Birgit unsere Zuhörer, sich aktiv mit Liberating Structures auseinanderzusetzen, sei es durch Workshops oder durch Selbststudium. Die verschiedenen Zugangswege und Möglichkeiten, sich zu vernetzen, bieten eine gute Gelegenheit für alle, die an einer inklusiveren und produktiveren Arbeitsweise interessiert sind. Die Episode schließt mit einem klaren Aufruf zur aktiven Teilnahme und einem Blick auf kommende Veranstaltungen für Interessierte.
Transkript
Speaker0:[0:00] Und dafür stehe ich morgens auf, dass Menschen mit ganz viel Motivation zur Arbeit gehen, das gerne tun und tun dürfen, was sie machen und das alles drumherum eben das fördert und nicht stoppt.
Music:[0:11] Music
Speaker2:[0:26] Herzlich willkommen zum Digital Pacemaker Podcast mit euren Gastgebern Uli Illnich und mit mir Markus Kukkerz. Heute sprechen wir darüber, wie Liberating Structures, Workshops und Teams befügelt können. Zu Gast ist dazu Birgit Nischalk, Managementberaterin und Mitgründerin von Leicht und Tiefsinn, ein Unternehmen, das Workshops und Trainings für Einzelpersonen und Teams anbietet. Birgit, ich freue mich, dass du heute Zeit für uns hast.
Speaker0:[0:50] Ja, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, riesig hier zu sein.
Speaker2:[0:53] Birgit und ihre Mitgründerin Anja Kessner von Leicht und Tiefsinn beraten und trainieren Teams und Multiplikatoren für eine bessere Arbeitswelt. Darüber hinaus berät Birgit Führungskräfte, wie sie Innovation und Engagement in ihren Teams wecken und so den Unternehmenserfolg langfristig sichern können. Birgit ist außerdem eine große Botschafterin für das Thema Liberating Structures. Sie hat das Meetup zu diesem Thema in Köln initiiert und zahlreiche weitere Meetups in NRW mit ins Leben gerufen. Zusammen mit Anja Kessner ist sie auch Mitveranstalterin des ersten Liberating Structures German Gathering, das diesen Sommer in Köln stattfinden wird im Jahr 2023. Und nicht zuletzt übersetzen die beiden gerade das Originalbuch The Surprising Power of Liberating Structures von Henry Liebmanowicz und Keith McCandless. Und zu dem Thema Liberating Structures kommen wir gleich noch. Erstmal, Uli, möchte ich dich begrüßen und habe natürlich auch wie immer eine spannende Frage mitgebracht. Vielleicht können wir das auch gleich noch dann aufgreifen im Kontext von Liberating Structures. Aber nach all den Jahren im Top-Management, die du ja jetzt schon verbracht hast, und ich unterstelle dir jetzt mal, dass du da vielleicht auch hier und da Privilegien hattest, Jetzt würde mich mal interessieren, welche Methoden nutzt du denn eigentlich, um Empathie für deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufrechtzuerhalten?
Speaker1:[2:08] Erstmal vielen lieben Dank, lieber Markus. Das ist schön, heute Abend hier gemeinsam mit Birgit und dir den Podcast aufzunehmen. Ja, was erlebe ich denn so und wie halte ich denn eigentlich so die Empathiebasis bei? Ich glaube, das Wichtige bei Empathie ist natürlich Nahbarkeit und gleichzeitig aber auch sicherzustellen, dass ich wirklich zuhöre und mich in die Person, mit der ich spreche, hineinzuversetzen. Also wirklich präsent sein und auch zu verstehen, woher kommt die oder derjenige denn gerade? Das ist schon mal ein großer Empathieträger in dem Umfeld. Und das ist natürlich, je größer die Teams werden, nicht so ganz trivial. Da glaube ich, ist Nahbarkeit schon ein ganz wichtiges Thema. Und was ich finde, ein Großteil von Empathie kommt halt auch durch Authentizität. Also sprich, in dem Moment, wo ich halt ich selber bin und halt genau keine Fassade spiele oder sonst irgendwas, sondern genau sogar sein kann, wie ich bin. Und das eröffnet natürlich eine Plattform, um genau so einen Dialog auszuführen. Und der Dialog ist für mich immer die Grundlage, um Empathie logischerweise auch vorleben zu können. Das war jetzt eine lange Antwort auf deine Frage. Umso glücklicher bin ich, dass wir heute Birgit Nischalk zu Gast haben. Herzlich willkommen, liebe Birgit.
Speaker0:[3:20] Danke.
Speaker1:[3:20] Birgit gründete Leicht und Tiefsinn Anfang 2022 zusammen mit ihrer Mitgründerin Anja Käßner. Parallel dazu berät und trainiert Birgit seit gut fünf Jahren Führungskräfte, Multiplikatoren und Teams. Davor war Birgit fünf Jahre Head of Partner Engagement bei der GS1, GS1 Germany in Köln. GS1 ist das Unternehmen, das unter anderem für die Bereitstellung des internationalen Barcode-Systems zur Identifikation von Produkten bekannt ist. Birgit hat Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Dienstleistungsmanagement und Medienwirtschaften an der University of Corporate Education in Heidenheim studiert. Und, liebe Birgit, bevor wir jetzt mal so ein bisschen noch mal tiefer einsteigen, und du kennst das ja so ein bisschen, Wir stellen natürlich Fragen, die vollkommen überraschend sind. Wenn du so ein bisschen rückblickend auf dein Leben schaust, was waren denn, vor allen Dingen, wenn ich jetzt so ein bisschen an deine Gründung leicht und tief sind denke, was waren denn die Beweggründe, eigentlich so einen Titel dann zu wählen in deiner Gründung?
Speaker0:[4:28] Gerade über den Namen einer Firma macht man sich ja ganz besonders lange Gedanken. Und das war auch bei uns so. Wir haben sehr lange überlegt, wie wir unsere Firma denn jetzt nennen. Irgendwann ist eine Teilnehmerin eines unserer Workshops auf uns zugekommen und hat gesagt, boah, das ist bei euch immer so toll, weil es gleichzeitig so leicht ist und so in die Tiefe geht. Und das war quasi so das Steinchen, was das Ganze ins Rollen gebracht hat, dass uns auch diese beiden Sachen immer wichtig sind, dass wir… Dass Inhalte wirklich in die Tiefe diskutieren mit den Teilnehmern, dass es eben nicht nur oberflächlich bleibt, aber dass das Ganze halt nicht schwer ist, sondern mit einer gewissen Leichtigkeit daherkommt. Und das ist die Entstehungsgeschichte des Namens, Leicht und Tief sind.
Speaker1:[5:11] Fantastisch. Ich finde, das lädt direkt immer direkt ein zum Diskutieren. Jetzt hast du ja auch in der Vergangenheit auch schon mal den einen oder anderen Workshop auch mit uns gemacht, gerade bei den Multimedia. Und das war gerade so zur Zeit der Fusion. Was war denn damals aus deiner Sicht so das Besondere in der Zeit?
Speaker0:[5:28] Der Workshop, den ich bei euch machen durfte, war wirklich einer der ersten Momente, wo sich Kollegen aus den beiden Unternehmen das erste Mal kennengelernt haben. Und da war so ein bisschen Vorsicht. So, wie sind die denn? Sind die so wie wir? Und das war unheimlich schön mitzuerleben, wie dann in diesen zwei Tagen die Menschen zusammengewachsen sind, festgestellt haben, ach, die sind ja eigentlich genauso cool wie wir. Das passt total gut. Und da ist eine wunderschöne Atmosphäre entstanden, die auch direkt Verbindung geschaffen hat. Und ich vermute mal, das war dann der Auftakt zu dem, was danach folgte, das weitere Zusammenwachsen dieser beiden Unternehmen. Aber so habe ich das damals empfunden. So ein erstes, vorsichtiges, neugieriges Kennenlernen und dann aber sofort eine Verbindung, weil gleiche Themen und Interessen da sind.
Speaker1:[6:12] Fantastisch. Ich meine, ich muss nochmal kurz zurückkommen auf deinen Unternehmenstitel. Bei Leichtsinn fallen mir immer direkt ganz viele Dinge ein. Da bin ich auch meist ganz vorne. Wenn du jetzt über Tiefsinn sprichst, was sind denn da so typische Beispiele, die dir da direkt einfallen?
Speaker0:[6:26] So ein ganz greifbares Beispiel habe ich, glaube ich, nicht. Es ist eher ein Gefühl, sodass man den Sachen wirklich auf den Grund geht, nicht nur an der Oberfläche bleibt, sondern wirklich zum Kern kommt. Das ist für uns das, was wir mit Tiefsinn meinen. Aber leicht sinnige Sachen fallen mir auch immer mal wieder ein.
Speaker2:[6:46] Und für beides macht es natürlich besonders viel Spaß, sich auch immer wieder Zeit zu nehmen. Birke, wir haben uns natürlich vor dem Gespräch ein bisschen mit dir beschäftigt und natürlich auch mit dem, wofür du stehst, auch zum Thema Liberating Structures. Und ich möchte deine Thesen mal wie folgt zusammenfassen. Du sagst zum einen, Meetings und Workshops brauchen neue Strukturen, um wirklich kreativ und effektiv zu sein. Dann sagst du, Liberating Structures schaffen den Rahmen für konstruktive Zusammenarbeit mit Inklusion und Partizipation. Und zu guter Letzt sagst du, Liberating Structures sind dabei weit mehr als Moderationsmethoden. Sie verändern Kulturen, bergen aber auch Risiken und Nebenwirkungen. Wenn wir mal auf das erste Thema gehen, Meetings und Workshops. Da fällt mir natürlich viel Zeit an, was man irgendwo verbringt, wo man irgendwie so reinkommt in Meetings. Und da würde mich natürlich interessieren, wo liegen aus deiner Sicht die Ursachen für die vielen Meetings, in denen die Aufmerksamkeit, die Energie und das Engagement der Teilnehmenden schon nach kurzer Zeit gegen Null tendieren?
Speaker0:[7:40] Ich glaube, der Hauptgrund da drin ist, dass meistens nur eine Person spricht. Gepaart mit nicht klar zu haben, wofür das Meeting denn tatsächlich da ist. Also wenn es keinen klaren Sinn und Zweck eines Meetings gibt und dann auch noch nur eine Person oder nur zwei Personen im Raum die ganze Zeit sprechen, dann finde ich das immer unheimliche Zeitverschwendung. Und da tendieren Menschen eben auch dazu abzuschalten, nicht zuzuhören und dass die Energie runtergeht.
Speaker2:[8:08] Du plädierst für den Einsatz von Liberating Structures. In solchen Situationen, wo wir schon beim Thema wären, kannst du uns erklären, was Liberating Structures sind und woher das ganze Thema überhaupt kommt?
Speaker0:[8:19] Liberating Structures sind Methoden. Ich nenne sie jetzt mal Methoden. Wir kommen ja nachher noch dazu, warum es mehr als das ist. Aber es sind Methoden, die dabei helfen, Zusammenarbeit zu strukturieren. Man kann sich das so ein bisschen wie so ein Ablauf für zum Beispiel ein Meeting vorstellen. Und sie sind so strukturiert, dass jede Person im Raum eingebunden wird und zu Wort kommt. Das hört sich jetzt immer unglaublich hochtrabend und kompliziert an. Es ist aber eigentlich ganz einfach. Also Struktur heißt, ich gebe einfach vor, lasst uns doch mal eine Minute kurz alleine nachdenken. Und dann tauschen wir uns zu der Frage, die wir gerade haben, für zwei Minuten zu zweit aus. Dann tun wir uns zu vier zusammen, geben uns dafür vier Minuten und dann kommen wir wieder alle zusammen. Und dann hat jede Person im Raum schon einmal gesprochen, seine Gedanken eingebracht. Und wir kommen sehr viel schneller zum Punkt, als wenn immer nur eine Person gleichzeitig spricht.
Speaker0:[9:13] Das ist so, wie Liberating Structures funktionieren. Und sie kommen tatsächlich von den beiden Gründern, die ihr eben schon erwähnt habt, Henry Lipmanowitz und Keith McCandless. Die waren in hohen Führungspositionen im Healthcare-Bereich und haben festgestellt, dass unsere Welt ja immer weiter komplexer wird und dass gerade in so großen Unternehmen, wie die beiden geführt haben, es nicht mehr möglich ist, damit umzugehen, wenn nur eine wenige Personen Entscheidungen treffen und sich einbringen können. Sondern es braucht wirklich die Intelligenz von aller im Unternehmen, sich beteiligen zu können, sich einbringen zu können, um mit diesen komplexen Situationen, die wir uns umgeben, in Zukunft umgehen zu können. Und das war der Ausgangspunkt. Und da haben sie gesagt, okay, wir müssen Wege finden, wie wir alle beteiligen, wie wir es schaffen, die Intelligenz, die da im Raum sitzt, wirklich ans Licht zu holen und alle zu beteiligen und einzubringen.
Speaker2:[10:06] Und wie kann man sich den Einsatz von LibreJanks Faktors vorstellen? Hast du mal ein gutes Beispiel gerade für das Thema Beteiligung, was du gerade so ein bisschen dargestellt hast? Wie stellt man sich das vor? Also wir werden jetzt hier quasi, drei ist vielleicht ein bisschen wenig, wäre direkt bei der Einstagsfrage, aber wir hängen jetzt zu zehnt hier in einem Raum und hätten ein Thema, nämlich die Frage, ja, welches Thema sollte heute dieser Podcast haben? Wie geht man dann eben vor, damit dann eben nicht nur ich zum Beispiel sage, ja, ich habe da schon eine Vorstellung und Skript, lass uns mal in die Richtung rennen, sondern dass man wirklich alle hier dann hört.
Speaker0:[10:35] Die einfachste und simpelste Struktur ist das sogenannte One-Two-For-All. Das habe ich eben schon mal ganz kurz beschrieben. Und bevor man loslegt, braucht es erstmal eine gute Frage. Zum Beispiel die Frage, was sind die wichtigsten Themen, die heute im Podcast unbedingt vorkommen sollten. Der Ablauf der Struktur ist genau auch der Name One Two Four All, also eins, eine Minute, jede und jeder für sich alleine, einmal kurz nachdenken über die Frage, Notizen machen, das Two, also die Zwei, sich mit einer weiteren Person zusammentun für zwei Minuten, gemeinsam darüber zu diskutieren, was habe ich denn schon gefunden und weitere Ideen entwickeln. Und dann tun sich die Zweierpaare zu Vierergruppen zusammen, vergleichen ihre Ideen, schmeißen die vielleicht zusammen, erweitern die und erst dann kommen wir wieder mit allen Personen zusammen. Und dann kann man verschiedene Sachen machen. Entweder sammelt man dann alle Ideen oder man hört die zwei, drei Besten aus jeder Gruppe. Und so hat man in maximal 15 Minuten direkt eine Vorauswahl an Themen, zu denen jede Person im Raum schon mal etwas beigetragen hat.
Speaker2:[11:39] Uli, wie ist das bei dir? Was sind aus deiner Sicht die größten Killer in Produktivität, Effektivitätskiller, in Meetings, denen du so begegnest? Und was triggert dich da und was sind so deine Erfahrungen, was man da auch machen kann, um das aufzubrechen?
Speaker1:[11:52] Ich meine, Birgit hat ja schon ein Thema angesprochen, also so Dampfplauderer, also wenn die einmal so richtig in Fahrt sind, eigentlich so einen Monolog führen und alle anderen nehmen sich quasi mittlerweile raus. Das zweite, was mir so ein bisschen auffällt, ist, je nachdem welche Dynamik so eine Gruppe hat, ist, dass Probleme beschrieben werden und multipliziert werden. Also du reichst ein Problem einmal durch den Raum und nachdem quasi das Problem am Anfang so groß war, ist es nachher unendlich. Und du hast das Gefühl, du befindest dich in einem nicht mehr lösbaren Raum. Und auch das ist so ein Prozess, den man gerade mit den Strukturen, die du beschrieben hast, Birgit, sehr gut unterbrechen kann und halt das gar nicht aufkommen lässt. Und deswegen sind das für mich so die größten Produktivitätskiller. Daneben ist natürlich auch für mich immer die Frage, die Teilnehmer, die jetzt da sind, können die denn eigentlich zu dieser Fragestellung beitragen? Sind die eigentlich die Richtigen? Also in Anführungszeichen. Oder sind das jetzt Leute, die mit dir Zeit verbringen, das auch gut ist, nur ist das das Gegenteil von Produktivität. Und ich finde, jeder sollte sich immer die Frage stellen, wenn er in so einem Termin drin ist, was ist denn eigentlich meine Rolle in diesem Termin? Und wie kann ich dazu beitragen, entsprechend dazu entweder eine Lösung zu finden oder halt wirklich positiv beizutragen. Und wenn ich darauf keine kluge Antwort habe, dann sollte ich lieber sagen,
Speaker1:[13:20] Mir fällt sie nicht ein, ja, und das ist unangenehm, ne, wenn zehn Leute einen angucken, so nach dem Motto, was sagt der denn da gerade, ja, und dann bewusst sagen, okay, dann gehe ich lieber raus, anstatt jetzt irgendwie hier in einem Termin zu sitzen, wo ich nichts zu beitragen kann. Und das ist nicht schlimm.
Speaker2:[13:37] Birgit, wie ist es, wenn jetzt jemand zu euch kommt und sagt, na, wir haben das schon mal erkannt, unsere Meetings, unsere Workoffs laufen jetzt nicht so gut, wir haben euch entdeckt zum Thema Liberating Structures, helft uns mal. Was macht ihr dann? Wie stelle ich mir das vor? Rollt ihr dann sozusagen einmal das Handbuch aus und sagt, hier ist die Auswahl, lasst uns mal die Sachen ausprobieren oder wie geht ihr denn vor?
Speaker0:[14:00] Genau. Jeder kriegt eine Anleitung, da muss man das durchlesen und dann muss man das genau so, wie es im Buch steht, machen. Nein, natürlich nicht. Ich glaube, ihr habt beide schon mal Liberating Structures erlebt. Ich finde, man kann die zwar toll aufschreiben und lesen, aber das hört sich alles ganz furchtbar langweilig und trocken an. Und man muss sie erleben, um wirklich zu verstehen, was sie im Raum auslösen. Und das raten wir unseren Kunden auch immer, das als allererstes zu machen. Lasst die Leute erleben, was passiert und zwar idealerweise in kleinen Häppchen. Also wir machen dann häufig so Einstiegsworkshops, wo wir einfach mal so zwei, drei Strukturen vorstellen, die Leute das erleben lassen und auch gleichzeitig reflektieren lassen, wo könnte mir das denn in meiner eigenen Arbeit helfen? In welcher Form kann ich das in meiner Arbeit nutzen, damit es mir persönlich hilft oder uns als Unternehmen hilft? Und das machen wir ganz häufig. Beginnend mit so kleineren Terminen, wo die Leute das kennenlernen. Meistens ist es dann sofort so, dass sie sagt, davon müssen wir mehr haben, das müssen wir noch viel weitermachen. Und dann begleiten wir häufig Teams dabei, mehrere Workshops zu machen und aber parallel ein Team aufzubauen, was wir dann begleiten, was quasi die Workshops irgendwann übernehmen kann. Weil diese Workshops selber zu machen, trainiert dann wieder dabei, die Strukturen auch anzuwenden.
Speaker0:[15:20] Mehrstufiger Prozess quasi. Und das raten wir immer, dass es so erste kleine Appetithäppchen gibt, die Leute angesprochen werden, die Lust haben, das zu machen, die merken, dass es wirklich funktioniert und dann aber in das Unternehmen so zu integrieren, dass wir so den Anschub geben und dabei begleiten, dass das Unternehmen das selber dann in die Umsetzung und Verbreitung bringt.
Speaker1:[15:42] Wie lange braucht denn so eine Verhaltensänderung aus deiner Sicht? Also ich meine, gutes Essen ist gesund oder gesundes Essen ist gut für uns, Laufen ist auch gut für uns und trotzdem machen wir es nicht. Also die Frage ist ja, ab wann tritt wirklich eine Veränderung ein aus deiner Sicht?
Speaker0:[15:59] Das ist eine super Frage und ich glaube, darauf gibt es keine klare Antwort, weil genau wie du gesagt hast, ist es wie mit jeder Veränderung. Man muss sich am Anfang wirklich dazu entscheiden, es zu machen. Und wir haben Menschen erlebt, die haben eine Struktur kennengelernt und haben am nächsten Tag schon fünf weitere, die sie dann nachgelesen haben, in ihrem Workshop umgesetzt und machen nichts anderes mehr. Diese Varianten haben wir schon erlebt. Wir haben aber auch schon Menschen erlebt, die in fünf oder zehn Workshops von uns waren und noch keine einzige selber im Alltag umgesetzt haben. Also es gehört halt auch diese Hürde dazu, ich muss über diese Hürde kommen, es einfach mal selber auszuprobieren und dann zu machen. Was tatsächlich hilft ist, Menschen in der Umgebung zu haben, die ähnliche Interessen haben und das auch tun und sich gegenseitig zu inspirieren. Das haben wir gemerkt, hilft immer am allerbesten. Wir hatten Menschen in Workshops, die dann gesagt haben, nee, ich habe das nicht von euch gehört. Mein Kollege, der macht das ständig und ich will das jetzt auch können. Also genau das erzeugt so eine Veränderung im Unternehmen, wenn man sagt so, ich habe das bei einem Kollegen oder bei einer Kollegin gesehen und das hat mich überzeugt und das will ich jetzt auch. Aber es ist nicht von heute auf morgen so Knopfchen umlegen und ab jetzt machen wir alle, sondern das ist ein langer Prozess. Wir vergleichen das immer gerne mit Sprache lernen. Du lernst Vokabeln und du kannst sofort anfangen, mit den ersten Vokabeln dich auszudrücken.
Speaker0:[17:23] Aber um komplexe Sätze zu bilden, dauert es halt eine Weile, sich mit der Sprache zu beschäftigen und sie eben auch anzuwenden.
Speaker2:[17:31] Es gibt ja vielleicht auch ein paar Leute, die mitgebracht werden von anderen oder wenn ihr in ein Unternehmen kommt, die da teilnehmen und dann vielleicht sagen so, boah, so interaktives Zeug, das ist ja eigentlich gar nichts für mich. Ich genieße das ja eigentlich immer, dass da irgendjemand vorne steht und die ganze Zeit redet und ich muss ja nur nicken und dann nehme ich hinterher. Irgendwie mal einen Kaffee und gehe wieder raus und habe gut meine Zeit verbracht. Wie geht ihr denn mit so Leuten um, die vielleicht dann eher so sich da schwer tun, da was beizutragen, auch vielleicht so ein bisschen im Rahmen von so einer Gruppe so hervorzutreten, auch mal was zu sagen und vielleicht aber auch mit Leuten, die so ganz offensiv äußern, so, was ist denn das denn hier für ein Schwachsinn? Es ist ein Kindergarten, so. Also was macht ihr denn dann? Wie überzeugt ihr die?
Speaker0:[18:08] Das sind so die Sachen, davor hatte ich am allermeisten Angst, bevor ich angefangen habe. Und ich muss aber zugeben, Das passiert fast nie. Der Charme an Liberating Structures ist, dass sie ein paar Probleme davon sofort selber aushebeln. Wenn du Menschen hast, die sich in einer großen Gruppe lieber zurücknehmen, lieber stiller sind, die holt man ab, indem man eben Menschen in Zweierkonstellationen reden lässt. Da fühlen sich Menschen deutlich sicherer als direkt, weiß ich nicht, vor 20 Leuten irgendwie was sagen zu müssen und sich einbringen zu müssen. Das ist einfach ein deutlich sichererer Rahmen, in dem ich mich einbringen kann. Und das überzeugt, so stillere Personen tatsächlich mitzumachen. Das genaue Gegenteil, wenn Menschen sehr offensiv sind und sich einbringen wollen, auch die werden so ein bisschen ausgebremst, weil es ja klare Zeitvorgaben gibt, was man Schritt für Schritt dann tun muss und somit sorgen die Strukturen gleichzeitig dafür, dass so die Lauteren etwas leiser werden. Wir haben tatsächlich immer mal wieder so, wir nennen sie gern die eine Person, die am Anfang alles doof findet.
Speaker0:[19:08] Wir arbeiten da aber auch nie dagegen, sondern wir hören uns das dann an. Okay, das scheint deine Meinung zu sein. Wie sieht der Rest das? Arbeiten dann einfach damit. Okay, es ist eine Meinung. Wir haben jetzt gemerkt, das sind mehrere Meinungen im Raum. Lass uns mal gucken, wie es jetzt weitergeht. Wichtig ist, glaube ich, diese Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen und zu sagen so, das stimmt doch gar nicht, was du sagst, sondern okay, du hast da jetzt gerade eine andere Meinung, ein anderes Gefühl zu. Wir sind ja nicht hier, um irgendwie Menschen zu konvertieren zu irgendwas Neuem, sondern wir wollen euch Möglichkeiten zeigen, die euch in eurer Arbeit besser helfen. Und wenn ihr das Gefühl habt, das hilft nicht, dann hilft es halt nicht. Aber in der Regel ist es so, selbst wenn wir diese eine Person im Raum haben, die ist meistens am Schluss die Person, die am allermeisten davon überzeugt ist, die am Anfang am meisten meckern.
Speaker2:[19:55] Wenn ich mich jetzt dafür interessiere, tatsächlich oder davon gehört habe, Liberating Structures anzuwenden, was muss ich denn dann tun? Ist das eher so, dass man dann wirklich sich über so ein Buch oder über das Internet nähert? Gibt es da Trainingskurse? Oder ist das etwas, was man eigentlich nur physisch eher macht? Wie sieht das in der virtuellen Welt aus?
Speaker0:[20:14] Jetzt kommt so eine typische Beraterantwort. Das kommt drauf an. Nein, wir haben einfach festgestellt, Es gibt Menschen, die völlig unterschiedliche Zugänge zu so einem Thema haben. Manche setzen sich wirklich gerne hin, lesen das Buch, lesen die Strukturen durch und sagen, aha, habe ich verstanden, wende ich morgen an. Gibt es Menschen. Andere sagen, ich gucke mir diese Beschreibung an und denke nur Bahnhof. Verstehe ich nicht. Die müssen das erleben. Und das Erleben kann man auf verschiedene Arten und Weisen machen. Entweder hat man irgendjemand im Unternehmen, der das zufällig schon mal in einem Meeting gemacht hat. Und wo man denkt, okay, das kann ich mir abgucken.
Speaker0:[20:47] Oder es gibt in ganz vielen Städten User Groups, wo man hingehen kann. Die finden teilweise noch virtuell statt. Manche finden schon wieder Face-to-Face statt. Das sind Gruppen, die sich zusammengeschlossen haben, um das auszuprobieren, zu testen und gemeinsam zu üben. Das ist eine Variante. Oder es gibt natürlich auch Menschen wie Anja und mich, die das anbieten, Kurse zu machen, wo man eben verschiedene Strukturen erlebt. Wir gehen immer wieder hin und halten nach jeder Struktur inner und gucken dann, okay, wie haben wir jetzt gerade zusammengearbeitet? Was hat das geändert? Und wie könnte das in bestimmten Arbeitseinsätzen bei euch jetzt ganz konkret euch weiterhelfen? Und was müsst ihr davon tun? Und wir ergänzen das Ganze immer noch um unsere Erfahrung aus diesen vielen Jahren, die wir das schon anwenden. Wo kann was schieflaufen? Was sollte man vielleicht nicht tun? Wo könnte man drüber stolpern? Das sind so Sachen, die wir ergänzen. Und das ist dann quasi so ein, ich soll mal sagen, Schnelleinstieg. Man kann aber auch einfach hingehen und sich die Strukturen mit dem Buch oder im Internet durchlesen und sagen, okay, probiere ich morgen einfach mal aus. Da ist es so ein bisschen… Wie jeder und jeder Geschmack da dran findet.
Speaker2:[22:04] In einer deiner Thesen bist du ja noch einen ganzen Schritt weitergegangen, also über die Workshops und Meetings hinaus. Und zwar sagst du ja auch, dass die Liberating Structures weit mehr als nur Moderationsmethoden sind, dass die nämlich auch Kulturen verändern können. Und da werden wir natürlich hellhörig, weil das bei uns ja natürlich gerade in so einem größeren Konzern, der Uli hat es eben schon angesprochen, oft natürlich auch ein Thema ist. Also wie können wir wirklich strukturell Verhaltensweisen verändern? Kannst du uns vielleicht mal sagen, wie wir das verstehen können? Und woher vielleicht diese Erkenntnis auch kommt. Hast du das im Rahmen der Zusammenarbeit erfahren oder wie bist du zu dieser Erkenntnis gekommen?
Speaker0:[22:38] Das ist ganz spannend. Als ich damit angefangen habe, habe ich mir Liberating Structures angeguckt und dachte, okay, Moderationsmethoden und habe mich mit einer Person unterhalten und die hat mir versucht zu sagen, ja, ja, das sind schon Moderationsmethoden, aber es sind noch so viel mehr. Und ich habe gedacht, erzähl mir noch nichts, das sind halt Methoden, was soll denn da noch mehr sein? Und in der Anwendung habe ich dann gemerkt, so, oh ja, sie hat durchaus recht. Was Liberating Structures tun, alleine durch die Art und Weise, wie sie strukturiert sind, sie trainieren verschiedene Sachen. Sie trainieren zum Beispiel, sich zu fokussieren und auf den Punkt zu kommen. Wenn ich nur eine oder zwei Minuten Zeit habe, muss ich mir genauer überlegen, was sage ich denn jetzt in der Zeit und fange nicht an rumzuschwafeln. Sie trainieren, dass ich anderen Menschen zuhöre und in dem Moment erstmal nichts sage. Da gibt es Strukturen, die das noch doller fördern, als die wir jetzt gerade schon mal genannt haben. Es gibt Strukturen, es gibt zum Beispiel dieses What I Need From You, wo speziell trainiert wird, wie stelle ich denn Anforderungen an andere Teams, an meine Mitarbeitenden, damit ich die Zuarbeit bekomme oder die Hilfe von der anderen Seite bekomme, die ich benötige, um meinen Job zu machen. Und somit werden ganz viele Sachen quasi durch das Anwenden alleine trainiert, die so nebenbei passieren. Und das verändert auf lange Sicht Kultur aus meiner Sicht.
Speaker2:[24:02] Das erinnert mich jetzt so ein bisschen, Uli, an die Art und Weise, wie wir uns kennengelernt haben. Ich weiß nicht, ob du dich da noch erinnern kannst. Das war nämlich damals ja auch im Rahmen einer Kulturveränderung, wo du tatsächlich dein Daily Stand-up gemacht hast. Und ich habe mich da damals entschieden, so als Team-Mate, da habe ich eigentlich gar keine Zeit für, da zu Uli’s Veranstaltungen zu gehen. Und dann habe ich von dem Uli nur eine nette E-Mail bekommen. Markus, ich würde mich sehr freuen, wenn du morgen wieder dabei wärst, wo ich mich ein bisschen ertappt gefühlt habe. und gemerkt habe, naja, das ist ja gerade, glaube ich, nicht so Teil der Lösung, sondern eher ein bisschen, wäre das zum Teil des Problems, weil ich kulturell nicht ganz mitziehe. Uli, aber die Frage ist ja eigentlich, oder egal, weil ich es mir so schlecht vorstellen kann, wann warst denn du eigentlich das letzte Mal eher dann Teil einer Situation, wo du vielleicht gesagt hast, boah, habe ich jetzt mal gar keinen Bock drauf, das hier mitzumachen, wo du realisiert hast, aber ist ja eigentlich dann doch vielleicht ganz nützlich.
Speaker1:[24:47] Also ich bin ja eher so ein Typ, der sich eigentlich viel zu schnell auf neue Dinge einlässt, weil ich es ja einfach ausprobieren will. Aber nichtsdestotrotz, es gibt trotzdem auch Phasen, wo ich dann denke, oh nee, nicht schon wieder. Also brauchst du jetzt auch nicht. Aber ich muss in der Tat gerade echt schwer überlegen, wo ich mich nicht darauf eingelassen habe, weil ich finde halt, du kannst kritisieren, wenn du es gemacht hast und wenn du für dich erkannt hast, ja, das funktioniert oder nein, es funktioniert nicht für dich. Aber ich finde, du kannst keine Kritik äußern, wenn du es nie gemacht hast und auch nie für dich erfahren hast. Und wahrscheinlich liegt das so tief in meiner DNA drin, dass ich immer Dinge erstmal ausprobiere, bevor ich dann sage, ja nee, ist doch nichts.
Speaker1:[25:35] Ich meine, ich komme jetzt nochmal kurz zurück, Birgit, auf deinen Unternehmenstitel, Leichtsinn. Also ich lasse mich gerne überreden für leichtsinnige Dinge. Das merkt man halt daran schon so ein bisschen. Ich bekomme immer, ich sage mal so, für mich werde ich Teil des Problems, wenn ich für mich merke, das läuft entgegen meiner Werte. Also dann merke ich schon, da geht alles auf Abwehr. Und da bin ich aber auch dann relativ offen und sage auch dann, dass ich das nicht tolerieren kann und auch nie mitmachen kann. Ja, und da bin ich dann sehr konkret, weil ich finde, es gibt so, und gerade wenn du über Kulturen sprichst, sprichst du ja auch über Werte, ne, und wenn es gegen halt deine Werte geht, dann sind das Dinge, die mache ich da nicht mit. Also da schafft auch kein Tiefsinn, mich zu überzeugen.
Speaker2:[26:27] Birgit, du hast ja auch von Risiken und Nebenwirkungen gesprochen in Sachen Liberatings Zwergschatz. Das ist natürlich, nach dem was wir bisher besprochen haben, schwer zu glauben, aber was meinst du damit?
Speaker0:[26:38] Risiken und Nebenwirkungen. So ein bisschen Nebenwirkungen habe ich eben schon beschrieben. Man kann mit Liberating Structures einfach nur ein Thema bearbeiten, also gemeinsam ganz faktisch an einer Frage arbeiten und sie haben aber die Nebenwirkung, solche Dinge, wie ich gerade beschrieben habe, dass alle einbezogen werden, dass jeder beteiligt wird, dass zuhören trainiert wird, alle solche Dinge. Das sind so Nebenwirkungen. Das Risiko dabei ist, wenn man Liberating Structures nutzt und das unterschätzt. Das sind halt so nette kleine Methodchen, die kommen daher, die sehen sehr simpel aus und man unterschätzt die teilweise.
Speaker0:[27:15] Man hat da so ein großes Thema und man hat eigentlich schon die Lösung. Aber wir tun jetzt mal so, als ob wir die Mitarbeitenden noch einbinden und nutzen dafür diese Liberating Structures. weil das hört sich total so an, als ob das ist ja nur so ein kleines Ding. So, und das geht nach hinten los. Das kann ich zu 100 Prozent versprechen. Das heißt, wenn man Menschen nicht wirklich beteiligen will, wenn man nicht hören will, was sie wollen, dann sind Liberating Structure genau das Falsche. Also man sollte sie immer nur nutzen, wenn man wirklich bereit ist, das zu hören, zu wollen, was Menschen beitragen möchten. Und wenn man das tut und sich Menschen einbringen, wir haben das tatsächlich bei einem Kunden schon einmal erlebt, dass es um ein wichtiges Thema für die Mitarbeitenden ging und die sich mit Feuereifer eingebracht haben und gesagt haben, und wir machen das und wir machen das jetzt neben unserer Arbeit, sorgen wir dafür, dass das umgesetzt wird. Und einen Tag nach dem Workshop wurde quasi so ein Schritt zurück, so nee, nee, nee, nee, da müssen wir jetzt aber erst mal vom Management entscheiden, ob ihr das überhaupt dürft. Damit war die komplette Motivation gestorben. Also das ist so das, was ich mit Risiken meine. Wenn man die nutzt, muss man sich wirklich sicher sein, ich will das, ich möchte, dass die Leute Selbstverantwortung übernehmen, ich möchte, dass jeder beteiligt wird und ich bin bereit, das zu hören, obwohl das vielleicht nicht ganz meine Meinung oder meine Einschätzung ist. Das ist das Risiko dabei.
Speaker2:[28:39] Kommt mir bekannt vor im Zusammenhang mit agilen Arbeitsmethoden tatsächlich, wo das ja oft schon öfter auch eine Rolle spielt, wo man sagt, man nimmt so die ganzen betriebswirtschaftlichen Vorteile von kleineren Teams, keine Führungskräfte mehr und so. Und dann arbeitet man aber eigentlich dann doch ja wieder so ein bisschen eher vielleicht auch weiter. Und man könnte ja auch tatsächlich sagen, wir haben doch schon aus der agilen Toolbox eine ganze Menge an Themen. Wofür brauche ich denn jetzt eigentlich noch die Liberating Structures on top? Kannst du uns da vielleicht den Unterschied erklären zwischen diesen beiden Systemen?
Speaker0:[29:06] Ja, ich weiß gar nicht, ob man sie so genau vergleichen kann. Was auf jeden Fall beide haben, sind ähnliche Werte, die dahinterstehen. Alle beteiligen wollen, in kurzen Zyklen arbeiten, Fehlerkultur erlauben. Das sind so Werte, die einfach Liberating Structures und agile Themen beide haben. Und deswegen ergänzen sie sich so wunderschön. Man kann halt Liberating Structures super einsetzen, um eine Retro zu machen, um Produktplanung zu machen. Also sie unterstützen quasi andere agile Methoden. Sie stehen nämlich im Wege oder entgegen, sondern sie unterstützen, dass man kann Liberating Structures nutzen, um diese anderen Sachen nochmal auf eine andere Art und Weise zu machen oder noch effektiver zu machen.
Speaker2:[29:51] Wir hatten ja auch schon zu Beginn gesagt, die Liberating Structures sind ja vor allem oder macht es vor allem eben aus, dass man eben mit vielen Menschen zusammenarbeitet. Und was mich doch interessieren würde, ist, was war denn eigentlich dein schönstes Liberating Structures Moment, wo du sagst, Mensch, Zusammenarbeit, da ist mir das so auch nach vielleicht jetzt ein paar Jahren in dem Thema so richtig bewusst geworden und das war einfach richtig toll.
Speaker0:[30:15] Ein Moment aus dem letzten Jahr, der mir sehr im Gedächtnis geblieben ist. Wir haben mit einem Team daran gearbeitet, als so dieser Wechsel wieder von komplett Homeoffice zu Wir dürfen wieder ins Büro ging. Da haben wir mit dem Team daran gearbeitet, wie wollen wir denn zukünftig zusammenarbeiten? Und das Erste, was wir gemacht haben, ist erstmal aufzulegen, was sind denn die Bedürfnisse der einzelnen Personen? Und das Schönste, was eine Teilnehmerin da gesagt hat, mir war gar nicht bewusst, dass man das auch so sehen kann. Und das war für mich so ein Magiemoment, so, ja genau, sie helfen, also Liberating Suchers können dabei helfen zu verstehen, was denn andere Sichtweisen sind und diese Sichtweisen zuzulassen und dann damit weiterzuarbeiten. Das war für mich so einer der schönsten Momente, die ich erlebt habe.
Speaker1:[31:03] Und das erinnert mich so ein bisschen, Markus, an Diversität des Denkens, also diese verschiedenen Perspektiven ermöglichen ja erst einen neuen Lösungsraum. Und wenn ich erst dann oder diesen Raum erstmal schaffe, damit diese verschiedenen Perspektiven zusammenkommen, das ist wirklich ein schöner Moment. Also da kriege ich schon ein bisschen Gänsehaut. Und das ist genau das, worum es eigentlich geht. Ich sage mal, meistens die, die immer Airtime einnehmen, die haben alle Ideen schon vorgebracht. Aber die schlummernden Potenziale liegen genau da, wo keiner spricht. Und das ans Tagessicht zu fördern, ist wie, ich würde mal sagen, Diamanten schürfen.
Speaker2:[31:45] Sehr schönes Bild. Ich danke euch beiden. Es war ein sehr spannender Austausch. Und wie immer an dieser Stelle kommen wir zu der Frage, was habt ihr aus dem Gespräch mitgenommen?
Speaker1:[31:54] In dieser Phase starte ich mal. Ich habe zwei für mich wirklich schöne Momente aus dem Gespräch mitgenommen. Zum einen, wie halt Liberation Structures dazu helfen, auch die Ruhigen im Team zu Wort kommen zu lassen und wie man sehr konkret, sehr schnell Themen bearbeiten kann. Also das ist für mich immer nochmal so ein Moment, wo ich immer wieder so ein Stück weit funkende Augen bekomme. Und das Zweite, was ich mitnehme, ist halt, sei dir sicher bei allen Themen, die du angehst, dass du das ernst meinst. Weil das ist nicht nur bei Liberation Structures so, sondern auch bei allen anderen Vorgehensweisen. Wenn das nur ein Alibi ist, spaß dir. Dann sag den Leuten, das ist die Entscheidung, da wird nicht mehr dran gerüttelt, das ist gut. Aber Alibi-Prozesse sind ganz, ganz, ganz, ganz dünnes Eis.
Speaker0:[32:45] Ich nehme vor allen Dingen das schöne Bild, das Uli eben zum Schluss beschrieben hat mit, die Diamanten, die es zu schürfen gilt, bei den Menschen, die eben sonst nicht so viel sagen und dass da halt so viel schlummert, was geweckt werden kann. Das nehme ich als Bild mit. Vielen Dank dafür, Uli.
Speaker2:[33:01] Birgit, wir haben an der Stelle immer eine kleine Tradition, unseren Gästen eine Frage zu stellen, die nicht unbedingt was damit zu tun hat, zu welchem Thema sie hier bei uns zu Gast sind, sondern eher eigentlich mit dir persönlich und zu deiner beruflichen Motivation. Und diese Frage lautet, wofür stehst du morgens auf?
Speaker0:[33:16] Ich habe mein ganzes Leben lang schon unglaublich gerne gearbeitet, weil ich ganz viele Ideen habe und das umsetzen will und das in der Umsetzung dann auch wirklich sehen will. Und das hat mich schon immer begeistert, egal für was ich gearbeitet habe. Und umso frustrierender fand ich das dann, wenn ich ausgebremst wurde durch Kollegen, durch Systeme, durch Hierarchien, durch was auch immer. Und das hat mich so frustriert, dass ich gesagt habe, Aber das möchte ich anders machen. Ich möchte, dass Menschen mit genauso viel Freude sich einbringen können, Themen vorantreiben können und an Sachen arbeiten können, so wie sie Freude haben. Und dazu möchte ich beitragen. Und dafür stehe ich morgens auf, dass Menschen mit ganz viel Motivation zur Arbeit gehen, das gerne tun und tun dürfen, was sie machen und das alles drumherum eben das fördert und nicht stoppt.
Speaker2:[34:09] Uli, Leicht und Tiefsinn, ich glaube das resoniert mit dir.
Speaker1:[34:15] Ich bin ein großer Verfechter, Birgit, von du musst ein Purpose im Life haben, also im Leben haben, wofür du jeden Morgen antrittst und wenn du den erfüllen kannst, dann hast du so viel intrinsische Motivation. Also wir machen unser Hobby zum Beruf, all diese Dinge, du kannst wirklich dein Leben leben, wie du es logischerweise dir wünschst und es gibt keinen schöneren Motivator.
Speaker0:[34:39] Das stimmt, da kann ich absolut zustimmen.
Speaker1:[34:41] Und ein Kollege von mir sagte mal, solange wir immer noch Pipi sind und nicht Annika, ist alles gut.
Speaker0:[34:48] Sehr schön.
Speaker2:[34:50] An der Stelle vielleicht nochmal die Frage, die bei euch besonders gilt, nämlich vielleicht nicht nur die Frage, wie jemand, der von unseren Zuhörern und Zuhörern mit euch in Kontakt treten möchte, wie der vorgehen sollte, sondern ich weiß ja, ihr trefft euch ja auch regelmäßig. Ich weiß nicht, ob es schon wieder für sich möglich ist, aber wie kann man da teilnehmen?
Speaker0:[35:06] Also es gibt verschiedene Möglichkeiten. Einerseits die Kölner Liberating Structures User Group trifft sich in der Regel alle zwei Monate virtuell immer noch. Das heißt, egal wo man sitzt, solange man Deutsch spricht und einen Rechner mit Kamera und Mikro hat, kann man sich das zuschalten. Da findet man uns über Meetup. Anja und ich machen immer wieder so kleine Schnupperstunden, nennen wir sie, 60 Minuten Liberating Structures, wo man einfach mal reinschnuppern kann. Was ist das denn und wäre das was für mich? Das findet man auf unserer Webseite und ich glaube, du hast es vorhin erwähnt, es wird dieses Jahr auch das allererste deutsche Treffen der Anwender und Anwenderinnen von Liberating Structures in Deutschland geben und das hier bei uns in Köln. Das heißt, wer am 18. August noch nichts vorhat, freuen wir uns natürlich, den und diejenige in Köln zu sehen und mit uns gemeinsam einen Tag zum Thema Liberating Structures zu verbringen mit ganz vielen anderen Menschen, die das in ihrer Praxis schon nutzen.
Speaker2:[36:04] Ja, das passt doch perfekt. Heute ist ja der 8.8., zumindest ist das das Datum, an dem diese Folge erscheinen soll und das ist dann noch ungefähr zwei Wochen. Das heißt, da kann man das vielleicht noch ganz gut in seinen Kalender einplanen. Birgit, vielen, vielen Dank, dass du heute unser Gast warst und dir die Zeit genommen hast.
Speaker0:[36:21] Ja, vielen lieben Dank. Ich könnte ja eigentlich stundenlang noch mit euch weiterquatschen.
Speaker2:[36:24] Das machen wir gleich auch. Lass mich kurz von den Zuhörern verabreden und vertiefen wir das noch ein bisschen. Das war der Digital Pacemaker Podcast. Darüber, wie Liberating Structures, Workshops und Teams beflügeln können. Zu Gast war Birgit Nieschalk, Managementberaterin und Mitbegründerin von Leicht und Tiefsinn. Weitere Informationen zur Folge findet ihr in den Show Notes. Und wenn ihr mit uns zu den Themen in Kontakt treten wollt, dann kommentiert unsere LinkedIn-Posts oder schickt uns eine Nachricht. Der Digital Pacemaker Podcast erscheint alle 14 Tage dienstags auf Spotify, Apple und überall dort, wo es Podcasts gibt. Klicke jetzt auf Folgen oder Abonnieren, um keine Folge zu verpassen. Viel Spaß und bis bald. Euer Uli und Markus.
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